Ausgetretene finden Kirche trotzdem wichtig

Westfälische und württembergische Landeskirche stellen Pilotstudie zu Austritten vor


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Die innere Distanz zum christlichen Glauben und die Kirchensteuer sind häufig genannte Motive für einen Austritt aus der evangelischen Kirche, so das Ergebnis einer Pilotstudie.

Die westfälische und die württembergische Landeskirche wollten wissen, was hinter den Zahlen zur Statistik steckt, die an diesem Mittwoch (14. Juli) von der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ebenso wie von der Deutschen Bischofskonferenz veröffentlicht wird. Deshalb haben sie seit Oktober 2020 insgesamt 464 Telefoninterviews mit Personen geführt, die im Vormonat ausgetreten waren.

Anlass für die Pilotstudie der beiden Landeskirchen war, dass die Austrittszahlen seit 2018 über dem langjährigen Durchschnitt lagen. Im Jahr 2020 traten zwar weniger Menschen aus der Kirche aus, was aber mit der Corona-Pandemie zusammenhängt, denn die zuständigen Amtsgerichte waren zeitweise geschlossen.

61 Prozent der kontaktierten Personen waren zu einem Interview für die Studie bereit. Zum Austrittsanlass Kirchensteuer nannten die Befragten unterschiedliche Motive. Manche wollten schlicht sparen, andere vermissten einen konkreten Gegenwert und wieder andere konnten sie sich die Kirchensteuer beispielsweise als Alleinerziehende nicht leisten. Die meisten Befragten nannten allerdings keinen konkreten Anlass für ihren Austritt.

„Er ist oft Ergebnis eines längeren Prozesses oder Konsequenz aus grundsätzlichen Motiven. Wenn die Befragten von einem konkreten Anlass berichten, handelt es sich meistens um ein aktuelles Thema oder um ein persönliches Erlebnis“, berichtet Pfarrer Hansjörg Federmann, bei der westfälischen Landeskirche für Mitgliederbindung zuständig. Dazu gehöre auch, dass die Kirchenmitgliedschaft in der Vergangenheit nicht aktiv wahrgenommen wurde: „Für mich ist es mit der Kirche wie mit einem Fitness-Studio, für das ich Beitrag zahle, aber nie hingehe", so einer der Befragten.

Ein erfreuliches Ergebnis der Studie lautet: Menschen, die aus der Kirche ausgetreten sind, finden es mehrheitlich trotzdem wichtig, dass es die evangelische Kirche gibt. Das gilt sowohl für jüngere als auch für ältere Befragte.

Bei den Austrittsmotiven lassen sich drei Komplexe unterscheiden, nämlich Motive, die sich auf das Handeln der Kirche beziehen, Motive, die Glaubensverlust oder Indifferenz der Kirche gegenüber ausdrücken, und Motive, die für eine individuelle Nutzen-Abwägung stehen. Das Handeln der Kirche spielt vor allem für Menschen ab 40 Jahren eine Rolle, wenn sie überlegen, aus der Kirche auszutreten, so das Ergebnis der Auswertung von Peter Jacobebbinghaus, Statistiker im Landeskirchenamt in Bielefeld. Für die Befragten unter 40 Jahren sind es vor allem der Glaubensverlust und die Nutzen-Abwägung, die den Kirchenaustritt bewirken.

Die männlichen Ausgetretenen stehen sowohl der evangelischen Kirche als auch dem Glauben im Allgemeinen häufiger gleichgültig gegenüber als die weiblichen Ausgetretenen. Das Wohnumfeld spielt keine Rolle: Ob man auf dem Land oder in der Stadt lebt, hat keinen Einfluss auf die Austrittsneigung.


Quelle: EKvW