Im Sarkophag lag Erkanbald

EKHN: Identität in Mainzer St. Johanniskirche geklärt


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Im Sommer ist ein 1000 Jahre alter Sarkophag in der St. Johanniskirche in Mainz geöffnet worden. Nach einem halben Jahr intensiver Forschung ist klar: In ihm liegt Erzbischof Erkanbald. Die Geschichte von Mainz muss nun umgeschrieben werden. Denn die Stadt hat jetzt gleich zwei Dome.

Seit der Öffnung des Sarkophags im Alten Dom St. Johannis in Mainz ist die Spannung groß. Wer liegt dort begraben? Seit Juni untersuchten Wissenschaftler die Proben und fügten Mosaikstückchen für Mosaikstückchen zu einem Ganzen zusammen. Nach vielen Spekulationen ist das Rätsel jetzt gelöst:  Die Interpretation und die Datierung von Kleidung und Schuhen zeigen deutlich, dass im Sarkophag nur ein Erzbischof liegen kann, der um das Jahr 1000 in der Kirche bestattet wurde. Damit ist klar, es muss der Nachfolger Willigis sein: Erzbischof Erkanbald.

Laut Forschungsleiter Guido Faccani  sind die Resultate „faszinierend und in ihrer Tragweite beachtlich. Nicht nur für St. Johannis, sondern auch für die Stadtgeschichte von Mainz im ersten Jahrtausend. Und eine über 100jährige Forschungsdebatte ist beendet. St. Johannis war Kathedrale bis 1036, denn: Er ist es! Im Sarkophag liegt Erkanbald“. Mit den Ergebnissen der Sarkophag-Öffnung wird auch ein Teil der Mainzer Stadtgeschichte neu geschrieben. Es ist etwas Besonderes, dass in Mainz der Alte Dom nicht abgerissen und an gleicher Stelle neu gebaut wurde, sondern, dass der Neubau einen Steinwurf entfernt errichtet wurde. Der Dekan des evangelischen Dekanats Mainz, Andreas Klodt, dazu: „Mainz am Rhein, die Stadt der zwei Dome, evangelisch und katholisch, alt und neu, dicht beieinander – das hat was. Neben Römerzeit und Barock stellen uns die beiden Dome das mittelalterliche Erbe der Stadt vor Augen.“

Während der Grabung im Alten Dom fanden die Archäologen bereits 2017 einen Sarkophag. Da dieser sehr prominent im Mittelschiff vor dem Altarhaus platziert ist, wurde vermutet, dass darin eine sehr bedeutende Person bestattet ist. Aufgrund der Befundlage konnte es sich womöglich um Erzbischof Erkanbald handeln. Er ließ sich 1021 als Erzbischof von Mainz in seiner Amtskirche bestatten. Im 18. Jahrhundert wurde berichtet, dass sich sein Grab in St. Johannis befand. Daraus folgt, dass St. Johannis vor 1036, dem Weihejahr des heutigen Domes, die Kathedrale der Mainzer Erzbischöfe war. Doch bis dato fehlte Erkanbalds Grab und die Schlussfolgerung blieb eine zwar plausible, aber vieldiskutierte Hypothese.

Die Untersuchungen der Textilien haben ergeben, dass der im Sarkophag bestattete Mann ein Erzbischof war. Er ist zwar nicht direkt zu identifizieren, aber alle gesammelten Daten und vor allem die C14-Datierung der Schuhe zeigen, dass der Erzbischof um 1000 bestattet worden war - mit 20 Jahren Spielraum gegen oben und unten. Dies heißt aber, dass es sich beim Erzbischof im Sarkophag nur um Erkanbald handeln kann, der nach einmonatiger Vakanz am 1. April 1011 den Bischofsthron bestieg und am 17. August 1021 verstarb. Sein Vorgänger Willigis war zwar zwischen 975 und 1011 im Amt und verschied damit innerhalb des ermittelten Zeitraumes. Aber: Willigis fand in St. Stephan seine letzte Ruhe, wo er im 14. Jh. exhumiert wurde.

Von Erkanbald ist nur wenig bekannt. Sein Geburtsdatum ist ungewiss. Er soll einer Grafenfamilie aus der Region Hildesheim / Braunschweig / Hannover entstammen. Bischof Bernward von Hildesheim gehörte zu seiner Verwandtschaft. 997 wurde er, im Alter von etwa 30 Jahren, zum Abt des Klosters Fulda gewählt, Reichskloster und eine der großen Abteien der damaligen Zeit, aus dem manche Vorgänger von Erkanbald stammten. Als Anhänger von Heinrich II. nahm er an dessen Krönung 1002 in Mainz teil. 1011 erhielt er die Weihen zum Erzbischof von Mainz und behielt zuerst noch die Abtswürde in Fulda bei. Während seiner Amtszeit von zehn Jahren hatte er mit den Ämtern des Erzkaplans und Erzkanzlers zwei zentrale Ämter am Hof Heinrichs II. inne, gewann aber nie eine herausragende Stellung wie sein Vorgänger Willigis.

Dass er sich für seine Bestattung seine Amtskirche wählte, ist ein außerordentlicher Schritt in der Bestattungstradition der Mainzer Bischöfe und Erzbischöfe. Bis zu seinem Vorgänger Willigis ließen sich alle außerhalb der von Mauern umringten Stadt bestatten. Willigis wählte noch etwas zögerlich die Kirche St. Stephan, die zwar innerhalb der Mauern, aber doch in der Peripherie liegt. Erkanbalds Selbstbewusstsein und offenbar auch seine Verankerung im Amt ließen es zu, dass er als erster seinen Bestattungsplatz in der Amtskirche wählte.


Quelle: EKHN