Jammern und (An-)Klagen

Mit Abstand - eine Kolumnenreihe von Georg Rieger


Foto: Georg Rieger

Zum Jammern gibt es viele gute Gründe in diesen Zeiten. Doch manchmal schleicht sich ein seltsamer Unterton ein.

Kaum jemand wird von sich behaupten können, seit Beginn der Pandemie nicht schon des öfteren gejammert zu haben. Die Beschränkungen, Homeoffice, die geschlossenen Schulen, für manche gar das Wegbrechen von Einnahmen. Es gab und gibt einiges auszuhalten. Und der Frust muss ab und zu raus. Nicht immer trifft er auf offene Ohren. Denn wer selbst lieber die Verdrängung bevorzugt oder mit anhaltender Gelassenheit gesegnet ist, mag sich nicht dauernd anhören, wie schlecht es anderen geht. Doch so insgesamt haben wir alle Verständnis füreinander und für die unterschiedlichen Sorgen.

Doch schon während der ersten Welle schwang bei manchen ein vorwurfsvoller Unterton mit. Als sei eben nicht das Virus sondern irgendjemand schuld an der Misere. Wohlgemerkt, ich meine nicht solche Verschwörungserzähler, die ganz klar die Schuldigen ausgemacht haben. Vielmehr dieses unbestimmte Klagen, das einen Hang zum Anklagen hat. So im Sinne von: Mir wird hier unrecht getan. Ich habe das nicht verdient. Das muss jetzt sofort wieder aufhören.

Gerne wird auf dieses Phänomen mit einer Beschreibung unserer modernen Welt geantwortet, die alles für beherrschbar und planbar hält. Für Unvorhergesehenes und nicht Beherrschbares sei da kein Platz. Wie kommt es aber dann, dass zu früheren Zeiten dieser Reflex noch viel ausgeprägter war? Meistens wurden Katastrophen und Seuchen als Gottes Strafe interpretiert oder als das Werk dämonischer Kräfte. Heute trauen sich solche einfachen Antworten zu geben nur noch wenige.

Doch es scheint sich eine Lücke aufzutun. Dass unsere Gesundheit kein ständig verfügbares Gut und die Freiheit zu genießen nicht immer unbeschränkt möglich ist, das scheint sich erst einen Platz in unserem Erfahrungsschatz des Lebens suchen zu müssen. Die christliche Verkündigung fordert das auf besondere Weise heraus. Einerseits ist der Appell an die Vernunft gefragt und die Absage an transzendente und obskure Erklärungsversuche. Anderseits bietet der christliche Glaube mit Gott ein Gegenüber an, das zwar nicht durchschaubar ist, aber Verantwortung übernimmt. Das Jammern und Klagen, ja sogar das Anklagen, hat in der jüdisch-christlichen Tradition ein immer offenes Ohr.

Georg Rieger

Aktuelles

'Ökumene par excellence'

ErK: Ökumenisches Gemeindehaus eröffnet
Die katholische und die evangelisch-reformierte Kirchengemeinde im emsländischen Baccum bei Lingen haben ein gemeinsames ökumenisches Gemeindehaus eröffnet.

Quelle: ErK

Christlicher Glaube heißt Handeln für das soziale Miteinander der Menschen

Vizepräses führt theologischen Vorstand der kreuznacher diakonie ein
Der Vizepräses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Christoph Pistorius, hat am Samstag Pfarrer Christian Schucht als theologischen Vorstand der kreuznacher diakonie in sein Amt eingeführt. In seiner Ansprache in der Diakoniekirche in Bad Kreuznach betonte Pistorius die Bedeutung des Dienens und der Nächstenliebe in der modernen Gesellschaft.

Evangelische Kirche im Rheinland