EKiR: Katja Kriener als Landespfarrerin für das christlich-jüdische Gespräch aus ihrem Dienst verabschiedet

Zur Verabschiedung sprach Micha Brumlik

Katja Kriener, seit 1995 Landespfarrerin für das christlich-jüdische Gespräch in der Studienstelle Christen und Juden, ist in einem Festakt am 29. Januar in Bonn-Bad-Godesberg von ihrem Dienst in der Abteilung III (Ökumene-Mission-Religionen) des Landeskirchenamtes der Evangelischen Kirche im Rheinland entpflichtet worden.

Die Verabschiedung von Katja Kriener aus ihrem Dienst als Landespfarrererin für das christlich-jüdische Gespräch nahm ekir.de zum Anlass, in einem Interview und einer Meldung "zur Person" an die "großen Errungenschaften" der Pfarrerin für die Erneuerung der Beziehung zwischen Kirche und Israel und für das jüdisch-christliche Gespräch zu erinnern:

Als Christinnen und Christen an der Seite Israels vor dem gemeinsamen Gott stehen - was das bedeutet, erläutert Katja Kriener, scheidende Landespfarrerin für den christlich-jüdischen Dialog der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR).

Zu den großen Errungenschaften Ihres Dienstes gehört die Änderung des Grundartikels der rheinischen Kirchenordnung. Warum ist die Veränderung so bedeutsam?

Die Ergänzung des Grundartikels der Kirchenordung 1996 war ein großes Ereignis. Im Laufe der kurzen Geschichte unserer Landeskirche ist eine solche Ergänzung oder Änderung ein einmaliges Geschehen gewesen. Über 80 Prozent der Gemeinden haben votiert, alle Kirchenkreise ein Votum abgegeben, ein magnus consensus kam zustande, begleitet von intensiven Diskussionen um unser eigenes Selbstverständnis als Christinnen und Christen an der Seite Israels vor dem gemeinsamen Gott.

Inwieweit hat diese Änderung die Kirchengemeinden erreicht und das Denken und Handeln verändert? 

Wir haben angefangen, neu über unser kirchliches Handeln und Reden nachzudenken. Wir sind sensibler geworden für Gebete und Lieder, die Jüdinnen und Juden herabwürdigen oder durch die sie sich vereinnahmt fühlen. Wir reden von Jesus und dem Judentum nicht mehr nur in der Vergangenheit sondern nehmen wahr, dass Israel und das Judentum eine lebendige Größe ist, dass wir zusammen mit Jüdinnen und Juden „unter dem Bogen des einen  Bundes“ stehen. Der Gottesdienst ist dabei das Bewährungsfeld unserer kirchlichen Verlautbarungen. Hier haben sich unsere theologischen Einsichten zu bewähren. Wenn es etwa um die Frage der Lesungen und Predigttexte aus dem ersten Teil unserer Bibel geht, wenn Fragen der Auslegung der gemeinsamen  Bibel in den Blick kommen, so hören wir heute auf unsere jüdischen Geschwister und sind uns bewusst, dass wir unseren Gottesdienst im Angesicht Israels feiern. Die Erneuerung des Verhältnisses von Christen und Juden bleibt dabei eine Aufgabe, die uns in unserem eigenen Glauben und Handeln korrigiert und bereichert.

Ein weiterer Meilenstein ist die Verankerung und damit Zukunftssicherung des „Studiums in Israel“ im Schoß der EKD. Was macht dieses Projekt so einzigartig und so wertvoll?

Hier haben Theologiestudierende sie Möglichkeit vor Ort in Jerusalem an der Hebräischen Universität und in einem eigens dafür eingerichteten Begleitprogramm Leben, Sprache und jüdische Religiosität, die Lebensbedingungen des Judentums in Israel zu studieren. Das führt ins Zentrum des christlichen Glaubens. Wer den christlichen Glauben verstehen will,  braucht dazu das Judentum, da unsere Schriften, das sogenannte Alte Testament und auch die Schriften des Neuen Testaments, im Kontext des Judentums entstanden sind, ja ins Judentum gehören. Jesus ist Jude und ist es geblieben – wollen wir wissen, wer wir als Christinnen und Christen sind, sind wir auf die Kenntnis des Judentums angewiesen. Das ist keine Sache für Spezialistinnen und Spezialisten. Israel – Judentum – jüdische Religiosität – jüdisches Leben gehört in den Katalog der Kernkompetenzen von Theologinnen und Theologen – das Programm „Studium in Israel“ bietet eine schöne Möglichkeit, sich diese zu erwerben.

Welche Aufgaben bleiben im christlich-jüdischen Dialog?

Einerseits geht es um Weiterentwicklungen in den theologischen und kirchlichen Themen im engeren Sinn. Zur Zeit beschäftigen wir uns in den Gemeinden mit der Frage nach dem einem Gott, nach der Trinität und dem gemeinsamen Gebet von Christen, Juden und Muslimen. Das Verhältnis der drei Religionen zueinander – die Frage der Zuordnung von Christentum, Judentum und Islam bleibt auf der Agenda. Im Blick auf einen gemeinsamen Auftrag in der Welt stellt sich verschärft die Frage nach dem Verhältnis von Religion und Politik in Deutschland, in Europa und im Nahen Osten. Fragen der Sicherheit des Staates Israel sowie der Lebenssituation von Palästinenserinnen und Palästinensern können nicht ausgespart werden im Gespräch zwischen Juden und Christen. Letztlich muss sich in allen zentralen Handlungsfeldern christlichen Lebens erweisen, ob unsere theologischen Einsichten tatsächlich Wirkung zeigen, ob neue Gedanken nicht nur unser Beten, Schrift-Auslegen, Bekennen, Singen und Feiern vor Gott prägen, sondern ob unser Glaube eine Gestalt gewinnt, die unseren Glaubenseinsichten im Alltag der Welt entsprechen und sich dort bewähren. 

Quelle: www.ekir.de (28. Januar 2010)

Zum Abschied sprach Micha Brumlik

Katja Kriener (51), seit 1. März 1995 Landespfarrerin für das christlich-jüdische Gespräch in der Studienstelle Christen und Juden, wird nun aus ihrem Dienst verabschiedet.

"Gottesdienst im Angesicht Israels erneuern" lautet der Titel der Jahrestagung der Synodalbeauftragten im christlich-jüdischen Gespräch der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR) am 29./30. Januar in der Evangelischen Akademie im Rheinland in Bonn. In ihrem Rahmen wird Landespfarrerin Kriener verabschiedet.

Bevor Oberkirchenrätin Barbara Rudolph am Freitagabend vor weiteren geladenen Gästen Dank und Entpflichtung vornimmt, wird Prof. Dr. Micha Brumlik die Verabschiedung bereichern. "Mutter - Tochter oder Geschwister? Zur Genealogie von Judentum und Christentum" heißt der Vortrag des Frankfurter Erziehungswissenschaftlers.

Die Landespfarrstelle für den christlich-jüdischen Dialog ist eine befristete Stelle, sie wird künftig in Abteilung III im Landeskirchenamt integriert sein, sie ist neu ausgeschrieben, das Verfahren läuft derzeit noch.

In Jerusalem studiert, dann gelehrt

Katja Kriener, verheiratet und Mutter zweier inzwischen erwachsener Töchter, ist in Düsseldorf geboren. Ihr Theologiestudium hat sie nicht nur in Bonn, Tübingen und Wuppertal absolviert. Vielmehr hat sie selbst 1980/81 ein Jahr in Jerusalem mit "Studium in Israel" verbracht, das Programm, das sie später selbst in verschiedener Hinsicht begleitet hat: als Sondervikarin 1987/88 und als Gechäftsführerin des Arbeitskreises "Studium in Israel" von 1995 bis 2007.

Das reguläre Vikariat wie auch die damals noch Hilfsdienst genannte Zeit hat Kriener in der Evangelischen Kirchengemeinde St. Augustin-Mülldorf absolviert. Dann kam sie über einen Sonderdienst für das christlich-jüdische Gespräch in die Landespfarrstelle und die Leitung der Studienstelle Christen und Juden.


Quelle: ekir.de, Januar 2010