EKD bittet Nachfahren des Völkermords im früheren Deutsch-Südwestafrika um Vergebung

»Vergib uns unsere Schuld«


In Namibia wird über die Frage der historischen Verantwortung für den Völkermord an Herero und Nama heftig gestritten. Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller 2015 in Windhoek bei einer Podiumsdiskussion zum Thema.

ekvw.de Mit einem Schuldbekenntnis und der Bitte um Vergebung hat sich die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) an die Nachfahren der Opfer des ersten Völkermordes im 20. Jahrhundert gewandt.

Die im damaligen Deutsch-Südwestafrika begangenen Gräueltaten waren aus Sicht der meisten Historiker ein Genozid. »Als Nachfolgeinstitution des einstigen Evangelischen Preußischen Oberkirchenrats, der seinerzeit im Auftrag aller deutschen evangelischen Landeskirchen handelte, bekennen wir uns als Evangelische Kirche in Deutschland heute ausdrücklich gegenüber dem gesamten namibischen Volk und vor Gott zu dieser Schuld«, heißt es in einer EKD-Erklärung unter der Überschrift »Vergib uns unsere Schuld« (Matthäus 6,12).

»Wir bitten die Nachfahren der Opfer und alle, deren Vorfahren unter der Ausübung der deutschen Kolonialherrschaft gelitten haben, wegen des verübten Unrechts und zugefügten Leids aus tiefstem Herzen um Vergebung.« Mit ihrer Erklärung begrüßt die EKD ausdrücklich den von der namibischen und deutschen Regierung begonnenen Weg der Verhandlungen und bittet darum, diesen fortzusetzen.

Schuldbekenntnis und Bitte um Vergebung seien Grundlage für Versöhnung und Gerechtigkeit, erklärt dazu Oberkirchenrat Dr. Ulrich Möller von der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW). Er begrüßt die klare Position angesichts der leidenschaftlichen kontroversen Debatte, welche Konsequenzen heute zu ziehen sind mit Blick auf Wiedergutmachung und Entschädigung. Damit stärke die EKD den von den Kirchen in Namibia und Deutschland gemeinsam beschrittenen Weg der Versöhnung wie auch den von der namibischen und deutschen Regierung beschrittenen Weg der Verhandlungen, so Möller. »Ich hoffe, dieses Signal ermutigt auch andere Beteiligte zu Lösungen im Geist der Gerechtigkeit und der Versöhnung. Entscheidend ist dabei die angemessene Beteiligung aller Betroffenen.« So würden kommende Generationen fähig, sich die Hände zu reichen im gemeinsamen Aufbau Namibias und gemeinsam die Wunden des damaligen Unrechts zu heilen. Die EKvW pflegt zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Namibia seit vielen Jahren eine Partnerschaft.

Der EKD-Erklärung vorangegangen war ein zweiteiliger Studienprozess (2007–2015) zur wissenschaftlichen Aufarbeitung der Rolle der Kirche und Missionswerke während der Kolonial- und Apartheidzeit. Am ersten Prozess in den Jahren 2007 bis 2011 waren insgesamt 13 Kirchen und Missionswerke in Deutschland und Namibia beteiligt. Die Ergebnisse wurden 2011 in einer Dokumentation mit dem Titel »Deutsche Evangelische Kirche im kolonialen südlichen Afrika” im Harrassowitz Verlag Wiesbaden veröffentlicht.

Die Erklärung im Wortlaut

Quelle: http://www.evangelisch-in-westfalen.de/


Pressemeldung der EKvW, 3. Mai 2017