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Rückblick auf den ÖKT: Von der Strahlkraft der Minderheitenkirchen
im Interview Oberkrichenrätin Barbara Rudolph und Presbyterin Renate Brunotte, Evangelische Kirche im Rheinland (EKiR)
Oberkirchenrätin Barbara Rudolph, Düsseldorf
Schönstes ÖKT Erlebnis?
Die Kleinen ganz groß! Minderheitenkirchen in der Ökumene.
Der Gemeindesaal der reformierten Kirche im Zentrum Münchens war am Samstag brechend voll, als zwei Vertreter von sehr, sehr kleinen Kirchen ihre Erfahrungen in der Ökumene einbrachten: Bischof Klein von der Evangelischen Kirche in Rumänien und Professor Garrone von der Waldenserkirche in Italien. Viele der Partnerkirchen der EKiR sind winzige Kirchen in ihren Ländern: „Christen werden nicht gezählt sondern gewogen“, sagte Bischof Klein, durchaus mit Selbstbewusstsein. Ca. 40 Vertreterinnen und Vertreter aus den rheinischen Partnerkirchen waren nach München angereist auf Einladung der EKiR. Die Begeisterung und Strahlkraft, die von ihnen ausgeht, hat auch viele Kirchentagsteilnehmerinnen und -teilnehmer angesteckt, zumal es neben den geistlichen Früchten auch kulinarische Köstlichkeiten aus den Ländern der Partnerkirchen zum Mittagessen gab. Die EKiR hatte zusammen mit dem Reformierten Bund viele europäische Partnerkirchen eingeladen und mit ihnen zusammen einen Tag des Kirchentages gestaltet.
Gab es etwas Ärgerliches?
Natürlich! Als Mitglied des Präsidiums habe ich eine ganze Menge Ärgerliches im Vorfeld und auch bei der Durchführung des Ökumenischen Kirchentages erlebt. Ich fand es z.B. nicht glücklich – wie auch viele andere im Präsidium – dass es eine große römisch-katholische Messe am Sonntagmorgen vor dem gemeinsamen Abschlussgottesdienst gab. Für mich haben die ärgerlichen Dinge aber gezeigt, dass die Kirchen echt miteinander arbeiten und sich nicht nur distanzierte Freundlichkeiten zuwerfen. Und die Ärgerlichkeiten haben bei weitem nicht die erfreulichen Dinge überwogen.
Welchen Ertrag für die Ökumene hat der ÖKT gebracht?
Ökumene ist mehr als zwei! Lange war die deutsche Ökumene von den beiden größten Kirchen geprägt: der evangelischen und der katholischen Kirche. Ein Höhepunkt des ÖKT war der Freitagabend, als sich 20.000 Menschen zu einer orthodoxen Vesper unter freiem Himmel einladen ließen und miteinander das Brot teilten. Bei allen großen Gottesdiensten wirkten Menschen aus orthodoxen, evangelischen, freikirchlichen und katholischen Kirchen mit, ein sichtbares Zeichen der großen Vielfalt des Glaubens in Deutschland.
Presbyterin Renate Brunotte, Duisburg, Mitglied der Kirchenleitung der Evangelischen Kirche im Rheinland
Presbyterin Renate Brunotte (Mitte) im Gespräch auf dem "open space" zum Thema "Ökumenische Erfahrungen reformierter Minderheitenkirchen vor Ort"
Welchen Ertrag für die Ökumene hat der ÖKT gebracht?
1. Die Ökumene lebt, dass zeigte sich mir u.a. besonders an der großen Beteiligung bei der Orthodoxen Vesper. Die Sehnsucht der Menschen nach ökumenischer Gemeinschaft ist groß, das Teilen des gesegneten Brotes, der „Artoklasia“ (Brechen des gesegneten Brotes) und die Tischgemeinschaft haben das deutlich gemacht. Für 10.000 Menschen war der Tisch gedeckt. 20.000 Menschen haben miteinander das gesegnete Brot geteilt. Die Christen der orthodoxen Kirchen wurden durch ihre Gastfreundschaft von vielen evangelischen und katholischen Christinnen und Christen zum ersten Mal bewusst wahrgenommen.
2. Christinnen und Christen sind seit vielen Jahren auf dem Weg, die Welt gerechter zu gestalten und so den negativen Auswüchsen der Globalisierung entgegenzuwirken. Ohne das entwicklungspolitische Engagement auch der kleinen Gruppen hätte die „Eine Welt Bewegung“ nicht wachsen können. Ob und welcher Konfession sie dabei angehören, spielt dabei oft eine sehr untergeordnete Rolle.
3. Wahrnehmung der Minderheitenkirchen
Viele europäische Partnerkirchen der EKiR sind Minderheitenkirchen und leben sehr selbstbewusst ihren Glauben. Minderheitenkirchen brauchen die Ökumene, trotz aller Verschiedenheit der Konfessionen.
Als evangelische Kirche in Deutschland / EKiR, die wir in den nächsten Jahren auch weiterhin Mitglieder verlieren und so auch in unserer Gesellschaft zu einer Minderheitenkirche werden, ist es wichtig, „dass wir nicht zu gering von uns denken, dass wir nicht resignieren, sondern mutig und offen Kirche leben“ (Thomas Wipf auf dem Podium „Europäische Ökumene in der Unwucht“).
Wie ein Rad, das nicht rund läuft, ist die Ökumene für Minderheitenkirchen in Europa oftmals in der "Unwucht". Das wurde beim Podium "Europäische Ökumene in der Unwucht" beim 2. Ökumenischen Kirchentag deutlich.