Schulamit Kriener: ''Ich hoffe, realisierte Ökumene zu erleben''

Eine junge Delegierte erzählt, was sie sich von der ÖRK-Vollversammlung in Busan, Südkorea, erhofft.

Menschen aus verschiedenen Kirchen, Kontinenten und Kulturen beten, singen und arbeiten zu erleben, das erhofft sich Schulamit Kriener (24). Sie ist Delegierte zur ÖRK-Vollversammlung im Herbst in Busan/Korea. Ein ekir.de-Interview.

Sie vertreten die EKiR in Busan – als Jugenddelegierte?

Ich bin eine junge Delegierte, aber keine Jungenddelegierte, sondern eine Delegierte so wie alle anderen Delegierten auch - nur mit dem Extra, dass wir jungen Delegierten sehr viel jünger sind als viele andere Delegierte und dadurch neue Ideen und "Frische" mitbringen.

Was erhoffen Sie sich von "Busan", was möchten Sie dort erleben?

Ich erhoffe mir von Busan, dass ich "realisierte" Ökumene erlebe. Ich hoffe, Menschen aus verschiedenen Kirchen, Kontinenten und Kulturen zusammen beten, singen, lachen, weinen, arbeiten und entspannen zu sehen. Ich würde mich freuen, wenn ich meine Erfahrungen und mein Engagement in Busan auch danach weiter in die ökumenische Arbeit meiner Kirche und hier in Deutschland und Europa einbringen könnte. Dafür soll ein Blog während der Vollversammlung und Berichterstattung danach ein erster Schritt sein.

Was meinen Sie mit „realisierter“ Ökumene?

Ökumene "realisiert" erleben heißt für mich, dass man eine Ahnung davon bekommt, was Ökumene eigentlich sein könnte oder eben schon ist. Seit die Vorbereitungen auf Busan letztes Jahr angefangen haben, habe ich nämlich schon viele interessante Definitionen und Kommentare zur Ökumene gehört. Es geht irgendwie um ein riesiges einander Verbundenfühlen und einander Unterstützen. Allerdings sind die Kanäle und Strukturen und das Wirken dieses "Hauses Gottes" nicht klar zu sehen oder zu durchschauen. Es gehört ziemlich viel Vertrauen dazu, dabei zu bleiben und in die Arbeit zu investieren und sie zu unterstützen, macht aber genug Spaß und gibt genug Erfüllung, dass es so viele Menschen gibt, die schon so lange dabei sind und weiterhin sehr motiviert sind. Busan wird so ein Ort sein, wo Menschen dann "wirklich" den Kontakt zueinander aufbauen und dieses "miteinander, füreinander leben" leben können. Deshalb denke ich kann es eine große Ermutigung sein, diese Erfahrung dann zurückzunehmen in sein Leben, wo die Ökumene doch schnell wieder zu etwas sehr Fernem und Undefinierbarem werden kann...

Was ist Ihr bisheriger Bezug zu Ökumene?

Im Alter von 18 Jahren war ich für ein Freiwilliges Soziales Jahr in Korea. Ich wurde vom Berliner Missionswerk entsendet und habe in drei Sozialprojekten der Presbyterian Church of the Republic of Korea (PROK) mitarbeiten dürfen. In dieser Zeit ging ich regelmäßig in presbyterianische Gottesdienste der Partnerkirche und habe dadurch das eifrige, bunte, lebhafte Gemeindeleben einer koreanischen Gemeinde kennen gelernt. Ich durfte außerdem in dem Studentenwohnheim der Universität der PROK wohnen, wo ich eine Studentin aus Myanmar kennen lernte, die dort feministische Theologie studierte. Zu dieser Freundin halte ich bis heute Kontakt und war sie auch im Jahr 2010 in Myanmar besuchen, wo sie jetzt ein Waisenheim und eine Abendschule leitet. Ich versuche, ihre Projekte auch immer wieder finanziell durch Spendensammlungen zu unterstützen.

Durch das FSJ und Ihr Studium sind Sie Korea verbunden, Sie waren auch schon in Busan?

Ja. Außer dem FSJ habe ich ein Sprachjahr während meines Studiums in Korea verbracht und ich habe das Land mehrere Male bereist. Während meines Praktikums am Goethe-Institut in Seoul habe ich eine intensive Zeit in Busan während eines Sommer-Sprachcamps für koreanische Schülerinnen und Schüler verbracht.

Ist Ihnen auch der ÖRK vertraut?

Zum ÖRK hatte ich bis vor etwa einem Jahr wenig Kontakt. Bevor ich in Korea von der Vollversammlung des ÖRK’s erfuhr und darüber nachdachte, mich als Delegierte zu bewerben, habe ich noch nicht viel davon mitbekommen. Allerdings: Ich wusste, dass meine Großeltern im Reformierten Weltbund tätig waren und auch sonst aktiv engagiert waren in Themen, die der ÖRK behandelte.

Über Ihre Verbindung zu Ökumene und Korea hinaus: Welche Erfahrungen und Engagements bringen Sie in die ÖRK-Vollversammlung ein?

Ich bringe mein FSJ und meinen anhaltenden Kontakt zu meiner Freundin Puii in Myanmar ein. Zum Thema Frieden und Gerechtigkeit kann ich sagen, dass ich im Sommer 2011 ein Praktikum in der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung absolviert habe. Dabei habe ich mich intensiv mit dem Konflikt auf der koreanischen Halbinsel auseinander gesetzt. Ich wurde nun auch gebeten, in Busan als rapporteur für die ecumenical conversation, die sich mit dem Nord-Süd-Konflikt in Korea befasst, mitzuarbeiten. Nach meinem FSJ habe ich in London an der School of Oriental and African Studies studiert und den BA Korean and Politics gemacht. An meiner Universität stammen 45 Prozent der Studierenden aus den verschiedensten Ländern. Es werden mehrere afrikanische und asiatische Sprachen unterrichtet und mein Studium dort hat mich in Kontakt und in Austausch gebracht mit vielen verschiedenen Menschen. Seit meinem FSJ habe ich außerdem meine freiwillige Arbeit in verschiedenen Projekten in London fortgesetzt, zum Beispiel in einem homeless centre im jahr 2011 und einem Jugendzentrum in einer sozialschwachen Gegend in London im vergangenen Jahr.

Schulamit Kriener (24) ist Delegierte zur Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK) in Busan in Südkorea. Geboren in Troisdorf, Kindergarten in Bonn, Abitur in Düsseldorf am Städtischen Görres-Gymnasium. Danach ging sie für ein Jahr nach Südkorea und arbeitete dort jeweils drei Monate in einer NGO: eine kümmert sich um Frauen in Prostitution in amerikanischen Camptowns in Südkorea, die anderen beiden NGO’s sind ein Behindertenheim auf der Insel Kojedo und ein Migrant Worker Centre in Seoul. Später absolvierte sie Praktika im Goethe-Institut Seoul (2010), in der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (2011) und in der deutschen Botschaft London (2012). Schulamit Kriener bleibt in London, denn sie hat ein Stipendium für ein Masterstudium Koreanistik erhalten.