Calvin als Ökumeniker in und für Europa

Thomas Wipf über die Perspektive der Reformation der Flüchtlinge und die Vision einer Gemeinschaft mit Christus, aufs Engste verknüpft mit der Gemeinschaft in Europa und weltweit

Der Präsident des Rates des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes (SEK) und Präsident der Gemeinschaft evangelischer Kirchen in Europa (GEKE), Thomas Wipf, hat am 29. Oktober 2009 auf der Hauptversammlung des Reformierten Bundes über Calvins Ökumenizität gesprochen und ihren engen Zusammenhang mit seiner Internationalität und seinem Eintreten für Flüchtlinge in Europa gesprochen.

Thomas Wipf, Calvins Bedeutung in und für Europa.pdf

Den „ökumenischsten aller Reformatoren“ nannte Wipf, selbst in der Ökumene Europas engagiert, Johannes Calvin. Eine Einheit der Kirche um jeden Preis habe Calvin jedoch nicht gewollt, er sei ein Gegner einer „Kuschelökumene“ gewesen. Für den „streitbaren Theologen“ sei die Wahrheit des Evangeliums vor allen kirchenpolitischen Kompromissen gegangen. Die Einheit der Kirche habe Calvin – darin einig mit Luther – in dem gesehen, was die Kirche konstituiert. Sie ist da, wo Gottes Wort lauter gepredigt und gehört wird und die von Christus eingesetzten Sakramente richtig verwaltet werden. Calvin sei aber auch die „äussere Einigkeit“ wichtig gewesen.

Die communio mit Christus und den Gläubigen untereinander habe bei Calvin den Horizont einer communio der ganzen Menschheit, formulierte Wipf den engen Zusammenhang von Calvins Ökumenizität mit seiner Internationalität und schloss die aktuelle Frage an, was diese „Parallele von Einheit der Kirche und Einheit der Menschheit“ für eine interreligiöse Theologie bedeute.

Calvins Wirken und die Ökumene heute
Die in der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) sichtbar gelebte communio, die Kanzel und Abendmahlsgemeinschaft protestantischer Kirchen im Modell der „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“, sei, ist Wipf überzeugt, Calvins Denken nicht fremd, und erinnerte an die Einigung von Calvin und Bullinger im Consensus Tigurinus von 1549.

Bezogen auf die aktuelle ökumenische Herausforderung im Dialog mit der römisch-katholischen Kirche begrüßte Wipf die von Kardinal Walter Kasper formulierte Forderung „Wir sollten uns also gemeinsam fragen, was bedeutet die Reformation für uns heute?“

Calvin als europäischer Reformator
Während sich an Luther in Deutschland - und ähnlich an Zwingli in der Schweiz - nationale Mythen bilden konnten, habe Calvin in europäischen Dimensionen gedacht. Mit Blick auf Calvin muss die Reformation betrachtet werden als eine „Bewegung mit mehreren Strömungen“ und auch, das hielt Wipf gleich zu Beginn seines Vortrags fest, als eine „Reformation der Flüchtlinge“, die die Situation von Minderheits- und Migrationskirchen als das konkret gelebte Kirchesein im Blick habe. Calvin selbst war ein Glaubensflüchtling, den sein Weg von Frankreich über Basel, Italien und Straßburg nach Genf geführt hatte und er pflegte Zeit seines Lebens die Beziehungen zu theologischen und politischen Weggefährten in Europa.

Das, was an Calvins Wirken und seiner Theologie besonders wichtig war, könne auch uns heute helfen, eine Vision zu entwickeln, „in der die Gemeinschaft mit Christus und der Gläubigen aufs Engste mit der Gemeinschaft in Europa und weltweit verknüpft ist, eine Vision, die Glauben und Handeln, Hoffen und nach Gerechtigkeit streben verbindet.“ Von dieser Vision sei auch der Zusammenschluss der beiden reformierten Weltbünd geprägt, sagte Wipf mit Blick auf Grand Rapids. In Grand Rapids treffen sich 2010 die Vertreterinnen und Vertreter der beiden reformierten Weltbünde (Reformierter Weltbund und Reformierter Ökumenischer Rat), um einen neuen gemeinsamen Weltbund zu gründen (Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen).

Calvins Glaubensverständnis
Damit, worum es Calvin vor allem ging, schloss Wipf seine Sicht auf Calvins Bedeutung in und für Europa. „Was ist der Sinn des menschlichen Lebens?“ fragt Calvin am Anfang des Genfer Katechismus von 1545. Seine Antwort lautet: „Die Erkenntnis Gottes unseres Schöpfers“. In dieser „uns fremd gewordenen theologischen Radikalität“ sei seine besondere Aktualität zu suchen, betonte Wipf. In einer Welt, die ihrer „reinen Diesseitsbezogenheit“ überdrüssig geworden sei, könne uns eine Theologie weiterhelfen, die uns „klar auf Gott ausrichtet“.

Thomas Wipf, Calvins Bedeutung in und für Europa.pdf

«Einheit feiern» – mit diesem Motto zelebrierte die Vereinigende Generalversammlung der am Freitag frisch gegründeten «Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen» (WRK) in einem feierlichen Gottesdienst am Sonntagnachmittag in Grand Rapids, Michigan, ihre Entstehung bzw. die Überwindung der bisherigen Trennung in zwei reformierte Verbände.

WGRK: Keine Einheit ohne Gerechtigkeit

Von Jan-Gerd Heetderks, VGV-Korrespondent
„Die Kirche lebt nicht für sich, sie existiert nicht in ‚splended isolation’, sondern inmitten einer Welt, die sich nach Gerechtigkeit sehnt, tagtäglich, stündlich, überall. Die Kirche Jesu Christi ist Teil dieser Welt, in der niemand Gerechtigkeit für sich alleine beanspruchen kann, weil eine solche Gerechtigkeit keine wäre, stattdessen vollkommen sinnentleert existierte.“
Mehr als 80 Millionen reformierte Christen in 108 Laendern wurden zusammengeschlossen, als am Freitag der Reformierte Weltbund und der Reformierte Oekumenische Rat ihre Vereinigung zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen beschlossen.

Jerry van Marter, Grand Rapids; Uebersetzung: Stefan Maser
Hannover/Leer, 19. Juni 2010 – Die parallel tagenden Generalversammlungen von Reformiertem Weltbund (RWB) und Reformiertem Ökumenischen Rat (RÖR) haben am Freitag, 18. Juni 2010, in Grand Rapids (USA) einstimmig die Vereinigung ihrer beiden Organisationen beschlossen. Unter dem neuen Namen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) ist ein Zusammenschluss reformierter, presbyterianischer, kongregationalistischer und unierter Kirchen entstanden, zu dem mehr als 80 Millionen Mitglieder aus über 200 Kirchen weltweit gehören.
Im US-amerikanischen Grand Rapids ist heute (15 Uhr Ortszeit; 23 Uhr MESZ) die Generalversammlung des Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen eröffnet worden. Zu der Vollversammlung des weltweit größten Zusammenschlusses evangelischer Christen kamen etwa 1000 Teilnehmer in den Bundesstaat Michigan. Während der Generalversammlung schließt sich der Reformierte Weltbund (RWB) mit dem Reformierten Ökumenischen Rat zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) zusammen. Zu der dann neu gegründeten Weltgemeinschaft gehören mehr als 80 Millionen Christen aus mehr als 200 Kirchen weltweit.

ÖRK begrüßt die Entstehung einer neuen Weltgemeinschaft

Olav Fykse Tveit: ''historisches Ereignis für die reformierte Kirchenfamilie und für die Kirche Christi in der ganzen Welt''
Am 18. Juni werden sich der Reformierte Weltbund (RWB) und der Reformierte Ökumenische Rat (REC) unter dem Namen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WRK) zusammenschließen. Das neue ökumenische Gremium umfasst 227 Mitgliedskirchen, die 80 Millionen Christen in 108 Ländern vertreten.

Pressemitteilung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), 17. Juni 2010

WGRK: Bei Gott ist alles möglich

Setri Nyomi: ''Wir begeben uns in eine neue Zukunft ...''
Grand Rapids, 20. Juni 2010. „Wir sind gerufen in eine unmöglich erscheinende Zukunft, in der wir uns in einem Bund für Gerechtigkeit engagieren - Gerechtigkeit für alle Frauen und Männer, Gerechtigkeit für alle Rassen und Kasten, Gerechtigkeit in der Wirtschaft und Klimagerechtigkeit. Es gibt Kräfte, die erklären, dies sei unmöglich und die versuchen werden, unsere Theologische und spirituelle Entschlossenheit herabzuwürdigen und ideologisch zu brandmarken. Aber wir können nichts anderes tun als auf die ruhige, klare Stimme unseres Hernn Jesus Christus zu hören, der sagt, dass dies für sterbliche Wesen als unmöglich erscheint, aber bei Gott ist alles möglich.“

www.reformedchurches.org

Reformierte Frauen versammeln sich in Grand Rapides

''Komm mit Jesu auf die Straßen''
In dieser Woche führt die Vor-Versammlung der Frauen etwa 150 Delegierte, Frauen und einige Männer aus der ganzen Welt, in Grand Rapids in Michigan zusammen.

Esther R. Suter, Grand Rapids, 15. Juni 2010; Übersetzung: Stefan Maser

USA: Die Reformierte Kirche in Amerika (Reformed Church in America (RCA)) übernimmt Belhar Bekenntnis

Anti-apartheid document finds new life in US Reformed Church Washington DC
(ENI/RNS). For some 400 years, the small Reformed Church in America has relied on only three confessional statements of belief, all of them forged in the crucible of the Reformation. This week, they'll add a fourth, and its unlikely origins - apartheid-era South Africa - speak volumes about the changing nature of global Christianity and its impact on one of America's oldest denominations, Religion News Service reports.

bs

Eine Bewegung gegen den Strom: zwei weltweite Kirchennetzwerke schließen sich zusammen

Hauptauftrag der neuen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen: Einheit der Kirchen und soziales Engagement
Die beiden größten Netzwerke protestantischer Kirchen der reformierten Tradition treffen sich vom 18 bis zum 28. Juni 2010 in Grand Rapids im Nordosten der Vereinigten Staaten; um eine neue Organisation zu bilden. Das drückt einen neuen Stand der Beziehungen zwischen zwei Kirchenfamilien aus, die einst auch voneinander getrennt waren.

Kristine Greenaway (WARC), Genf (gekürzt), 7. Juni 2010; Übersetzung: Stefan Maser