Accra, Calvin und Zwingli im Deutschen Bundestag

Parlamentarier begrüßen Verbindung zwischen Glaubensbekenntnis und sozialethischer Verantwortung


©Foto: Deutscher Bundestag / Julia Nowak-Katz

Der Bundestag hat am 16. Oktober den Entwurf eines Gesetzes zu dem Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) beraten und einstimmig angenommen.

Redner aller Parteien begrüßten die Arbeit der Weltgemeinschaft und schätzten ihr Engagement für soziale und wirtschaftliche Gerechtigkeit.

Die niedersächsische Hauptstadt Hannover entwickle sich mit dem Umzug der Weltgemeinschaft „immer mehr zu einem protetantischen Zentrum in Deutschland und Europa", in dem sich die große Vielfalt des Protestantismus zeige, betonte Helmut Brandt, der für die CDU/CSU im Bundestag um Zustimmung zur Gesetzesvorlage bat.

Starke Worte im Bekenntnis von Accra

Aus dem Bekenntnis von Accra zitierte Dr. Lars Castellucci (SPD) ausführlich die Kritik am neoliberalen Wirtschaften mit seiner Privatisierung nationaler Ressourcen, dem Streben nach Gewinn multinationaler Konzerne und der Unterordnung sozialer Verpflichtungen. „Starke Worte" bescheinigte Castellucci dem Bekenntnis und begrüßte die „Verbindung zwischen dem Glaubensbekenntnis aus einer sozialethischen Verantwortung“, wie sie auch lutherische und katholische Soziallehre kenne. Zwingli selbst habe einmal gesagt: „In einer Futterkrippe wird er (Jesus) geboren, während wir in Daunenfedern schnarchen“, Christsein heiße aber nicht „von Christus zu schwätzen, sondern ein Leben zu führen, wie er es geführt hat“. In diesem Sinne freue sich die SPD, dass die Weltgemeinschaft ihren Sitz in Deutschland habe.

Auch die Linke stimmte dem Vertragsgesetz zu. Sie wolle der Arbeit der WGRK „keine Hindernisse in den Weg legen“, sondern „religiöse Vielfalt und Bemühungen zum interreligiösen Dialog“ unterstützen, so Christine Buchholz.

Presbyterial-synodale Kirchenordnung: Neue Impulse gegen Verdruss an der Politik

Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) nutzte die Aussprache, um zwei „Spezifika des reformierten Christentums“ zu benennen, die eine Bedeutung für die heutige Gesellschaft haben könnten: Calvins Verständnis einer von Christus geleiteten Kirche, die keine Hierarchie bedürfe, habe zur „Ausbildung einer presbyterial-synodalen Kirchenordnung“ geführt, also „in gewissem Sinne zu einer Frühform demokratischer Meinungs- und Willensbildung“. Dies könne „in einer Zeit, in der Verdruss an der Politik groß ist, vielleicht neue Impulse setzen“. Ebenso habe Calvin die Freiheit des Gewissens vor menschlichen Gesetzen betont. Seine Reformation, die nicht umsonst als „Reformation der Flüchtlinge“ bezeichnet werde, bewahre „eine gesunde Skepsis gegenüber scheinbar selbstverständlichen oder traditionellen Regelungen des Zusammenlebens“. Von der Weltgemeinschaft erhofft Beck sich eine „selbstbewusste Beteiligung“ an der Debatte um die Frage des richtigen Stellenwerts von Religion in der Gesellschaft, gespeist aus der Überzeugung, der Staat sei eine notwendige irdische Ordnung, „die nach Calvin dafür zu sorgen hat, dass die Kirche ihren Dienst in Freiheit ausüben kann“.

Dr. Günter Krings, parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern und selbst Mitglied einer Kirchengemeinde, die dem Reformierten Bund angehört, sagte, die Entscheidung der Bundesregierung zur Ansiedelung der WGRK in Hannover unterstreiche „das positive Verhältnis von Staat und Kirchen in der Bundesrepublik Deutschland“, das auch international Anerkennung finde. Auch andere kirchliche internationale Organisationen, die dem Beispiel der WGRK folgen wollten, würde die Bundesregierung willkommen heißen.

Das Gesetz zum Vertrag zwischen der Bundesrepublik und der Weltgemeinschaft gewährt Sonderrechte, die den ausländischen Beschäftigten, ihren engsten Angehörigen und eingeladenen Gästen bestimmte Erleichterungen gewähren, etwa: kostenlose und zügige Erteilung von Visa, die Befreiung vom Erfordernis eines Aufenthaltstitels für die ausländischen Beschäftigten und ihre unmittelbaren Angehörigen, der Zugang der unmittelbaren Angehörigen zum deutschen Arbeitsmarkt, die von Zöllen und Steuern freie Einfuhr von Möbeln und persönlicher Habe der Beschäftigten und der Zugang zur gesetzlichen Krankenversicherung.

Der vorliegende Gesetzentwurf wurde in zweiter Beratung vom Bunestag „mit den Stimmen des gesamten Hauses“ angenommen.
Am 8. Oktober hatte bereits der Innenausschuss des Bundestags die Annahme des Gesetzentwurfs einstimmig beschlossen. Am 7. November muss das Gesetz noch den 2. Durchlauf im Bundesrat passieren. Das gilt nur noch als eine Formsache, da der Bundesrat schon im ersten Durchlauf erklärt hat, gegen das Gesetz keine Einwendungen zu erheben.

Quelle:
Protokoll der 60. Sitzung des Deutschen Bundestags, Berlin, den 16. Oktober 2014, S. 5630-5634 (PDF).

Barbara Schenck, 20. Oktober 2014

«Einheit feiern» – mit diesem Motto zelebrierte die Vereinigende Generalversammlung der am Freitag frisch gegründeten «Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen» (WRK) in einem feierlichen Gottesdienst am Sonntagnachmittag in Grand Rapids, Michigan, ihre Entstehung bzw. die Überwindung der bisherigen Trennung in zwei reformierte Verbände.

WGRK: Keine Einheit ohne Gerechtigkeit

Von Jan-Gerd Heetderks, VGV-Korrespondent
„Die Kirche lebt nicht für sich, sie existiert nicht in ‚splended isolation’, sondern inmitten einer Welt, die sich nach Gerechtigkeit sehnt, tagtäglich, stündlich, überall. Die Kirche Jesu Christi ist Teil dieser Welt, in der niemand Gerechtigkeit für sich alleine beanspruchen kann, weil eine solche Gerechtigkeit keine wäre, stattdessen vollkommen sinnentleert existierte.“
Mehr als 80 Millionen reformierte Christen in 108 Laendern wurden zusammengeschlossen, als am Freitag der Reformierte Weltbund und der Reformierte Oekumenische Rat ihre Vereinigung zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen beschlossen.

Jerry van Marter, Grand Rapids; Uebersetzung: Stefan Maser
Hannover/Leer, 19. Juni 2010 – Die parallel tagenden Generalversammlungen von Reformiertem Weltbund (RWB) und Reformiertem Ökumenischen Rat (RÖR) haben am Freitag, 18. Juni 2010, in Grand Rapids (USA) einstimmig die Vereinigung ihrer beiden Organisationen beschlossen. Unter dem neuen Namen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) ist ein Zusammenschluss reformierter, presbyterianischer, kongregationalistischer und unierter Kirchen entstanden, zu dem mehr als 80 Millionen Mitglieder aus über 200 Kirchen weltweit gehören.
Im US-amerikanischen Grand Rapids ist heute (15 Uhr Ortszeit; 23 Uhr MESZ) die Generalversammlung des Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen eröffnet worden. Zu der Vollversammlung des weltweit größten Zusammenschlusses evangelischer Christen kamen etwa 1000 Teilnehmer in den Bundesstaat Michigan. Während der Generalversammlung schließt sich der Reformierte Weltbund (RWB) mit dem Reformierten Ökumenischen Rat zur Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WGRK) zusammen. Zu der dann neu gegründeten Weltgemeinschaft gehören mehr als 80 Millionen Christen aus mehr als 200 Kirchen weltweit.

ÖRK begrüßt die Entstehung einer neuen Weltgemeinschaft

Olav Fykse Tveit: ''historisches Ereignis für die reformierte Kirchenfamilie und für die Kirche Christi in der ganzen Welt''
Am 18. Juni werden sich der Reformierte Weltbund (RWB) und der Reformierte Ökumenische Rat (REC) unter dem Namen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen (WRK) zusammenschließen. Das neue ökumenische Gremium umfasst 227 Mitgliedskirchen, die 80 Millionen Christen in 108 Ländern vertreten.

Pressemitteilung des Ökumenischen Rats der Kirchen (ÖRK), 17. Juni 2010

WGRK: Bei Gott ist alles möglich

Setri Nyomi: ''Wir begeben uns in eine neue Zukunft ...''
Grand Rapids, 20. Juni 2010. „Wir sind gerufen in eine unmöglich erscheinende Zukunft, in der wir uns in einem Bund für Gerechtigkeit engagieren - Gerechtigkeit für alle Frauen und Männer, Gerechtigkeit für alle Rassen und Kasten, Gerechtigkeit in der Wirtschaft und Klimagerechtigkeit. Es gibt Kräfte, die erklären, dies sei unmöglich und die versuchen werden, unsere Theologische und spirituelle Entschlossenheit herabzuwürdigen und ideologisch zu brandmarken. Aber wir können nichts anderes tun als auf die ruhige, klare Stimme unseres Hernn Jesus Christus zu hören, der sagt, dass dies für sterbliche Wesen als unmöglich erscheint, aber bei Gott ist alles möglich.“

www.reformedchurches.org

Reformierte Frauen versammeln sich in Grand Rapides

''Komm mit Jesu auf die Straßen''
In dieser Woche führt die Vor-Versammlung der Frauen etwa 150 Delegierte, Frauen und einige Männer aus der ganzen Welt, in Grand Rapids in Michigan zusammen.

Esther R. Suter, Grand Rapids, 15. Juni 2010; Übersetzung: Stefan Maser

USA: Die Reformierte Kirche in Amerika (Reformed Church in America (RCA)) übernimmt Belhar Bekenntnis

Anti-apartheid document finds new life in US Reformed Church Washington DC
(ENI/RNS). For some 400 years, the small Reformed Church in America has relied on only three confessional statements of belief, all of them forged in the crucible of the Reformation. This week, they'll add a fourth, and its unlikely origins - apartheid-era South Africa - speak volumes about the changing nature of global Christianity and its impact on one of America's oldest denominations, Religion News Service reports.

bs

Eine Bewegung gegen den Strom: zwei weltweite Kirchennetzwerke schließen sich zusammen

Hauptauftrag der neuen Weltgemeinschaft Reformierter Kirchen: Einheit der Kirchen und soziales Engagement
Die beiden größten Netzwerke protestantischer Kirchen der reformierten Tradition treffen sich vom 18 bis zum 28. Juni 2010 in Grand Rapids im Nordosten der Vereinigten Staaten; um eine neue Organisation zu bilden. Das drückt einen neuen Stand der Beziehungen zwischen zwei Kirchenfamilien aus, die einst auch voneinander getrennt waren.

Kristine Greenaway (WARC), Genf (gekürzt), 7. Juni 2010; Übersetzung: Stefan Maser