Das Paradies für Touristen, für viele Bewohner die Hölle - Skizzen aus Sri Lanka IV

von Sylvia Bukowski, Pilimatalawa

Seit Anfang Januar unterrichtet Sylvia Bukowski am Theological College of Lanka. In Skizzen erzählt die Wuppertaler Pfarrerin aus Pilimatalawa, Bezirk Kandy im Herzen Sri Lankas.

 

Alles war arrangiert:

Der Bräutigam,

der Preis der Aussteuer,

die Hochzeitsfeier

Ihr Sari war rot

wie der aller Bräute.

Mit Angst und Erwartung

Hat sie den fremden Mann empfangen,

der nun ihr Mann werden sollte.

Sie war eine schöne Braut.

Nach 15 Tagen war die Ehe vorbei.

Der Mann hatte schon eine Frau in Italien.

Er hat die 5 Laks eingesteckt

für die der Bruder der Braut

in Kriegszeiten lange gespart hat,

und ist verschwunden.

Sie trägt nun das Schandmal einer Geschiedenen

in ihrer Kirche.

Ihre Lippen sind schmal geworden,

aber ihre Augen leuchten,

weil sie zu Jesus gehört

ohne Schande.

 

 

Sind sie tamilische und suhalesische Christen

Oder sind sie christliche Tamilen und Sinhala?

Was zählt für sie mehr:

Die Zugehörigkeit zu einer Volksgruppe,

im Krieg mit der anderen verfeindet,

oder das gemeinsame Schicksal

einer Minderheit,

oft zwischen den Fronten?

Verbindet sie das Ziel,

Theologie im Kontext ihrer Kultur zu treiben

oder trennt sie das unterschiedliche Erbe?

So wenige Christen in Sri Lanka,

aber so viele Unklarheiten.

 

 

Die Regierung preist Sri Lanka

als Land der Wunder.

Touristen lieben die sanften, lächelnden Menschen,

genießen die Sonne, das Meer und die tropische Fülle.

Warum nehmen sich jährlich

mehr als 4000 Inselbewohner das Leben?

Warum steht Sri Lanka an oberster Stelle

der Selbstmordrate in der ganzen Welt?

Es ist die Armut,

der Landraub,

der Verlust von Arbeit, Heimat und Ehre,

der die Menschen verzweifeln lässt,

und sie in den Tod treibt.

Sri Lanka,

das Paradies für Touristen

ist für viele Bewohner die Hölle.

Die Insel

eine Träne.

 

 

Resina war sechzehn,

als sie nach Saudi Arabien ging.

Sie sollte Geld verdienen für ihre Familie.

Sie sollte den Geschwistern die Zukunft sichern.

Aber das Kind ihrer Arbeitgeber starb,

und sie bekam die Schuld daran.

8 Jahre musste sie in einem Kerker büßen.

Nie mehr hat sie die Sonne gesehen,

bis sie zum Richtplatz geführt wurde.

Am 9.1. wurde Risana enthauptet.

Wir haben heute für sie und ihre Familie gebetet

und an die vielen anderen gedacht,

die in der Fremde wie Sklaven arbeiten,

schutzlos, rechtlos,

wie Resina.

Hört Gott ihre stummen Schreie?

 

Pfr. Sylvia Bukowski, Sri Lanka Januar 2013

 

Foto:
lies.image, „Mittagspause“,
CC-Lizenz (BY 2.0), www.piqs.de

von Sylvia Bukowski, Pilimatalawa

Anfang Januar ist Sylvia Bukowski nach Sri Lanka geflogen. Dort unterrichtet sie am Theological College of Lanka. In Skizzen erzählt die Wuppertaler Pfarrerin aus Pilimatalawa, Bezirk Kandy im Herzen Sri Lankas.