Der Verlust des Christstollen

Einspruch! – von Georg Rieger


(Foto: Konditorei Schreiber, Pirna)

Hooligans demonstrieren gegen Salafisten, selbsternannte Patrioten gegen die Islamisierung. Da ist doch was im Busch!

Also bei uns zuhause hieß er immer schon nur „Stollen“. Der von Großtanten selbst gebackene oder der aus Dresden. Dort hieß er aber seit der Maueröffnung wieder „Christstollen“. Vorübergehend. Denn bald wird er aus Rücksicht auf die Muslime im Land wieder nur „Stollen“ heißen.

So jedenfalls die Befürchtung der Gruppe namens Pegida (Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), die Woche für Woche inzwischen immerhin 10.000 Menschen auf die Straßen bringt. In Dresden. Am Montag. Denn es geht ja mal wieder um die Freiheit und da demonstriert man immer am Montag dafür und missbraucht nebenbei noch den Slogan „Wir sind das Volk“.

Natürlich gibt es dort auch (wenn auch wenige) ernst zu nehmende Argumente zu hören. Und die Angst vor der Islamisierung ist auch in intellektuellen Kreisen weit verbreitet. Also kein Grund, sich lustig zu machen, schreibt Lenz Jacobsen in ZEIT ONLINE >hier. Argumentieren statt spotten! (Ein weiterer Artikel vom selben Autor setzt sich mit den Aussagen der Demonstranten ernsthaft auseinander. >hier)

Dass es durch die steigende Zahl von Muslimas und Muslimen zu Veränderungen in unserer Gesellschaft kommt, ist unvermeidbar. So ehrlich sollte man sein, das zuzugeben. Dass es bisweilen bizarre und übergriffige Forderungen einzelner Vertreter des Islam kommt, ist auch nicht zu bestreiten. Und dass es Versuche gibt, eine islamische Parallelwelt in Deutschland aufzubauen, auch.

Das sind ernstzunehmende Entwicklungen, denen möglicherweise sogar ganz entschieden entgegen getreten werden muss. Aber doch auch ganz unaufgeregt und mit dem klaren und deutlichen Hinweis auf die freiheitlich-demokratische Grundordnung. Die muss freilich auch dann durchschlagend sein, wenn zum Beispiel der Bau einer Moschee ansteht.

Die freie Religionsausübung ist ein hohes Gut, das zu verteidigen auch die Kirchen allen Grund haben. Privilegien, die sie selbst genießen, können christliche Kirchen nicht anderen verwehren. Der Hinweis auf eine abendländische Tradition ist schlicht Quatsch! Eine blöde Ausrede dafür, dass man sich seiner Sache selbst nicht mehr sicher ist und seine Leute nicht mehr hinter sich hat.

Die Verträglichkeit einer autoritären Religionsführung, wie sie manche Islam-Gemeinschaften pflegen, mit dem gesellschaftlichen Konsens, muss allerdings auch offen und offensiv geführt werden. Eine solche Diskussion wird durch Demonstrationen, die Angst schüren, allerdings eher verhindert als gefördert. Und Bernd Lucke von der AfD: Verkneifen Sie es sich doch bitte EINMAL, auf einen Zug aufzuspringen, auf dem braunes Gesindel zum Mitfahren einlädt!

Übrigens ist der „Christstollen“ ein geschützter Markenname. Und da brauchen wir uns schon mal gar keine Gedanken machen. Gegen das deutsche Patent- und Markenrecht hat nicht einmal der Islamische Staat eine Chance. Da müssen die Herren Kalifen sich mal warm anziehen! Diesen heiligen Krieg werden sie nicht so leicht gewinnen.

Georg Rieger, 10. Dezember 2014

Mitteilung/Kommentar von Hartmut Gabriel, Dresden:

Lieber Georg Rieger, da ich ja nun seit September in Dresden wohne (im Seniorenhaus der reformierten Gemeinde), will ich mal gleich aus ihren Einwurf "Christstollen") engehen. Im Großen und Ganzen stimme ich mit Ihrer Meinung überein. Aber ein paar Ergänzungen sind auch nötig. Ich war am Montag (8.12.) zum ersten Mal mit dabei (natürlich nicht bei den "Pegidas", sondern bei der Gegendemo). Es sollte registriert werden (was in den Medien leider oft unerwähnt bleibt), daß "wir" immerhin auch 9- bis 10000 aus verschiedensten Gruppierungen waren. Für uns Christen (etwa 2- bis 300) begann der Abend in der Annenkirche mit einem Friedensgebet, dann mit dem Marsch zum Rathaus (mit weißen leuchtenden Luftballons). Dort dann die Überraschung: zum ersten Mal nicht nur die wachsende Zahl der "Pegidas", sondern auch die ebenso große Zahl der Gegner auf beiden Seiten der Petersburger Straße. Und natürlich auch die große Anzahl von PolizistInnen. Als ich noch vor Ende der Demo nach Hause gehen wollte, wollten einige Beamte mich nicht durch äußere Doppelreihe der Uniformierten gehen lassen. Es war eine interessante Erfahrung demokratischer Gesinnung von allen Seiten! - Ein Gedanke zum Schluß: Was ist an der "Pegida" eigentlich patriotisch oder europäisch? Diese Leute würden sich doch genauso gegen Europa stellen (siehe AfD), wie sie jetzt gegen islamisierende Tendenzen demonstrieren! - Alles Gute für Sie und St. Martha, Ihr H. Gabriel

Mitteilung/Kommentar von Frank Meißburger, Oberhausen:

Es begab sich aber zu der Zeit, dass wieder einmal ein Schulgottesdienst zu Weihnachten vorzubereiten war. Und so saßen dann etwa 20 13-14jährige Mädchen und Jungen in einem Klassenraum – so durchgeknallt und zugleich liebenswert, wie es nur Kinder in diesem Alter sein können. Wie bei uns im Stadtteil üblich, kamen sie aus mindestens der halben Welt, sprachen auch ohne entsprechende Maßnahmen von oben allerbestes (Ruhr-)Hochdeutsch und sollten nun die Frage beantworten, warum wir eigentlich Weihnachten feiern ... – Schweigen!
Nach einer Weile meldet sich etwas zaghaft ein türkisches Mädchen und sagt: „Weil Jesus geboren ist.“ – „Ach ja, genau!“ sagt daraufhin ein Mädchen aus Afrika, und so langsam dämmert es dann auch denen aus dem christlichen Abendland, und alle erzählen, wie sie zu Hause Weihnachten feiern, wie die Wohnung mit allerlei Weihnachtsschmuck und die Fenster mit blinkender Weihnachtsbeleuchtung dekoriert werden.
Letzteres wird offenbar gerade von türkischen Familien besonders eifrig und gerne betrieben – und ich denke: Christstollen essen die bestimmt auch, und nennen ihn auch so ...
Herzliche Grüße aus Oberhausen
Frank Meißburger