Impuls
Kurzer theologischer Impuls
Impuls
Diejenige, die wissen, was das Geld gilt, und dahero solches vor ihren Gott halten, haben dessen nicht geringe Ursach; dann ist jemand in der Welt, der dessen Kräften und beinahe göttliche Tugenden erfahren hat, so bin ichs. Ich weiss, wie einem zumut ist, der dessen einen ziemlichen Vorrat hat; so hab ich auch nicht nur einmal erfahren, wie derjenige gesinnet sei, der keinen einzigen Heller vermag.
Simplicissimus 217
Glauben und Liebe 352
Hendrick Corneliszoon van Vliet / Dom in Utrecht / 1674 / Utrecht / Centraal Museum
Wer nur die Voraussetzungen des Bundes berücksichtigt, aber von der Gnade und der Verheissung Gottes absieht, der schliesst die Kinder vom Bund aus, da ja die Kinder die Bedingungen des Bundes nicht einhalten, geschweige denn verstehen können.
Das Testament oder der Bund 62
Auf der Rückbank ist er eingeschlafen. / Er kennt die Strecke auswendig. Fünfzig kurvenreiche Kilometer sind es, oft mit alten Bäumen direkt neben der Strasse. Im gelben Postbus sind sie schon viele Male zu Freunden der Eltern in die Stadt gefahren. Manchmal hat er in der ersten Reihe vorn rechts sitzen und wie der Fahrer, der richtig viel zu tun hatte mit den vielen Gängen, vorn durch die grosse Windschutzscheibe schauen können. Nun aber liegt er hinten auf der Rückbank in Papas schwarzem Käfer. Stolz sitzt Mama vorn im neuen Auto. Es ist dunkel und schon spät. / Schlaf nur, schlaf! Nicht mehr lange, und wir sind zuhause. / Da weckt ihn Papas entrüstete Stimme. So ein Idiot! Der hat doch gar nichts sehen können! Gerade erkennt er noch die Rücklichter eines Autos, das sie soeben überholt hat. Unglaublich, bei so vielen Kurven! / Er legt sich wieder hin und schläft wieder ein. / Plötzlich bremst Papa heftig. Er rollt vom Rücksitz und ist sofort wach. Als er sich aufrichtet, sieht er im Scheinwerferlicht eine gespenstische Szene. Dasselbe Auto, das sie überholt hat, ein VW-Bus als Pritschenwagen, steht nur wenige Meter vor ihnen. Still und unbeweglich. Quer vor ihm ein anderes Auto, das auf beiden Seiten des weissen Transporters hervorragt, ein Borgward Isabella, denkt er sofort. Er kennt alle Autotypen. Immer noch bewegt sich nichts, und alles ist unglaublich still. / Schrecksekunde. / Da öffnet sich, langsam wie in Zeitlupe, die rechte Tür des Transporters. Ein Kind steigt aus, ein Junge, vielleicht so alt wie er. Er blutet stark und sinkt sofort zu Boden. Wie in Zeitlupe. / Du bleibst im Auto, klar! / Mama nimmt eine Decke und eilt nach vorn zu dem Jungen. Papa holt sein Warndreieck unter der Haube des Käfers hervor und geht nach hinten. Er winkt nachkommende Autos an der Unfallstelle vorbei. / Da plötzlich hört er es. Er wird es nie vergessen, dieses grauenhafte Schreien des eingeklemmten Manns im Transporter. Es geht ihm durch Mark und Bein. Es klebt in seinem Gedächtnis und wird hinfort durch seine Träume geistern. Ein Mann, der schreit wie am Spiess. / Polizei und Krankenwagen treffen ein. Blau irrlichtert es zwischen Buchen und Fichten. Die Welt geht ihren Gang, und Papa fährt nach Hause. / Zwei Tage später findet er das Unfallfoto in der Zeitung. Ein kleiner Junge sei tot, liest er, der grössere schwer verletzt, der Vater, dessen Schreie nicht aus seinem Ohr weichen wollen, mit gerissenen Eingeweiden und Knochenbrüchen am ganzen Körper. Vergeblich habe er seine Buben mit ausgestrecktem Arm noch schützen wollen. Der schöne Borgward war frontal in ihn hineingekracht. Betrunken und schleudernd. Zu viele Kurven. Auch tot, der auch. / Nie wieder hat er bei einer Autofahrt geschlafen. Nie mehr.
1962
MK