'Konsequente Entscheidung in Aufarbeitung sexualisierter Gewalt'

Vertreter*innen der Landeskirchen zum Rücktritt von Annette Kurschus


© EKD

Die Amtsniederlegung der früheren EKD-Ratsvorsitzenden stößt in den Landeskirchen auf Respekt. Die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt rücke damit wieder in den Vordergrund.

Dietmar Arends, Landessuperintendent der Lippischen Landeskirche, schreibt in einer persönlichen Stellungnahme, der Rücktritt von Annette Kurschus von ihren Ämtern als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland habe er "mit großer innerer Bewegung und mit Respekt zur Kenntnis genommen". Aber auch "mit tiefem Bedauern": "Annette Kurschus war eine großartige Ratsvorsitzende, die bei vielen Gelegenheiten mit der Kraft des Wortes zu überzeugen wusste und dabei insbesondere immer wieder die Stimme für Benachteiligte erhoben hat."

Thorsten Latzel, Präses der Evangelischen Kirchen im Rheinland, nennt den Schritt eine "konsequente Entscheidung": "Die Aufarbeitung und Prävention sexualisierter Gewalt war und ist ihr stets ein zentrales Anliegen." Er zeuge von einem "konsequenten Aufarbeitungswillen, der auch von der EKD-Synode noch einmal nachdrücklich betont wurde." Zugleich würdigte er Kurschus' "theologische Tiefe ihres Denkens, die geistliche Kraft ihrer Predigten und ihre klare, verständliche Sprache": "Aus ihrer tiefen Glaubenszuversicht heraus hat sie auch als Seelsorgerin in der Öffentlichkeit sensibel gewirkt und vielen Menschen Hoffnung in kritischen Zeiten vermittelt."

Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung, der auch Mitglied im Rat der EKD ist, bedauerte den Rücktritt von Kurschus. Mit ihr verliere die EKD eine "bundesweit geachtete und auch im Leitungsamt immer seelsorglich sensible und mit großer Sprachkraft wirkende Ratsvorsitzende". Die Entscheidung zum Rücktritt sei schmerzlich. Er habe davor großen Respekt, dass Annette Kurschus ihre Arbeit nicht durch die Diskussionen um sie belasten möchte. Sie stelle sich damit "sehr glaubwürdig in den Dienst ihrer Kirche und trägt dazu bei, dass insbesondere die Aufarbeitung sexualisierter Gewalt in Kirche und Diakonie mit der nötigen Konzentration auf betroffene Personen und ihr Leid weitergeführt werden kann". Sehr betroffen mache ihn, "dass es nicht gelungen ist, dieses Anliegen, für das auch Annette Kurschus unmissverständlich steht, in den letzten Tagen klar und deutlich zu kommunizieren".

Bernd Kuschnerus, Schriftführer in der Bremischen Evangelischen Kirche, zollte Respekt für einen "schwierigen Schritt" aus. Er werde sich zu den Spekulationen zu den Vorwürfen nicht beteiligten. Kurschus aber habe "offen und klar Stellung bezogen". Durch ihren Rücktritt wolle sie sicherstellen, dass der Aufarbeitungsprozess zur sexualisierten Gewalt in der evangelischen Kirche ungehindert und transparent fortgesetzt und die evangelische Kirche vor Schaden bewahrt wird.

Vor wenigen Tagen trat Annette Kurschus von ihren Ämtern als Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen und als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland zurück. Zuvor waren Missbrauchsvorwürfe gegen einen ehemaligen Mitarbeiter öffentlich geworden. Kurschus wird vorgeworfen, von einem der Betroffenen schon in den 1990er Jahren informiert worden zu sein.

In einer persönlichen Stellungnahme stritt Kurschus ab und sagte, sie sei mit sich "im Reinen". Sie habe "zu jeder Zeit nach bestem Wissen und Gewissen gehandelt". Inzwischen habe sich die Lage aber "derart zugespitzt, dass es für mich nur eine Konsequenz gibt, um Schaden von meiner Kirche abzuwenden".


Quelle: Lippe/EKiR/EKHN/Bremen