Polizeiseelsorge setzt das Modell 'kritische Solidarität' um

ELK-Wue: Ernst-Wilhelm Gohl sieht in Seelsorge 'die Muttersprache der Kirche'


© Thomas Rathay

Bei der Bundeskonferenz der Evangelischen Polizeipfarrerinnen und Polizeipfarrer kritisierte der Landesbischof, dass die Polizeiseelsorge „zu Unrecht im Schatten anderer Seelsorgedienste der Kirchen stehe“.

Gerade in der Polizeiseelsorge würde „kritische Solidarität“ in vorbildlicher Weise umgesetzt, so Landesbischof Ernst-Wilhelm Gohl. Die Polizeiseelsorge müsse notwendigerweise in ihrem Handeln ethische Fragen und Konflikte einbeziehen. Im Fall der Polizeiseelsorge kreisen diese Konflikte laut Gohl „um die Ausübung legaler Gewalt durch die Polizei und hinterfragen damit das jesuanische Gebot der Friedfertigkeit und Feindesliebe.“ Es gehe darum, wie sich die Arbeit der Polizeiseelsorge in der Institution „Polizei […] von der Polizei abgrenzen lässt und [sie auch] potenzielle Opfer von Polizeigewalt empathisch unterstützen und begleiten kann.“

Gohl beschrieb den Weg, den die Polizeiseelsorge geht, mit der Formel der „kritischen Solidarität“ und führte aus: „Kirchliche Seelsorge weiß um die besonderen ethischen Dilemmata der Polizeiarbeit und ist zu gewaltausübenden Maßnahmen der Polizeiarbeit kritikfähig und kritikbereit, gegenüber den Menschen im Polizeidienst in ihren persönlichen Krisen aber solidarisch verbunden.“

Seelsorge sei „die Muttersprache der Kirche“, zitierte Gohl die Theologin Petra Bosse-Huber und sagte weiter: „In der Sprache, die sie spricht, kommt die Kirche zu sich selbst und […] die Zuwendung zu einem Hilfesuchenden steht im Zentrum kirchlicher Arbeit.“ In der Corona-Pandemie habe sich gezeigt, dass die Gesellschaft an die Seelsorge hohe Erwartungen knüpfe. Gohl forderte eine entsprechende Ausrichtung der Kirchen: „Wenn Seelsorge zur Muttersprache der Kirche erklärt wird, so muss die Kirche diesem Handeln hohe Priorität zuschreiben.“ Seelsorge müsse sich den gesellschaftlichen Herausforderungen neu stellen und dabei den Zusammenhang zwischen Seelsorge und Ethik neu bedenken.

Polizei und Kirche seien beide Seismografen gesellschaftlicher Veränderungen und stünden in der Verantwortung, mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln „angemessen zu antworten.“ In der Seelsorge gehörten deshalb „die Wahrnehmung eines zuweilen hochambivalenten gesellschaftlichen Kontextes und Fragen der Ethik zusammen“.


Quelle: ELK-Wue