Rentrée

Mittwochskolumne von Paul Oppenheim


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In Deutschland stolpert man von Anfang August bis Mitte September ungeordnet in den Schul- und Arbeitsalltag zurück. Ganz anders in Frankreich, wo die ganze Nation am selben Tag die Rückkehr zur Normalität begeht. In diesem Jahr war es der 4. September. Dafür gebrauchen die Franzosen das schöne Wort „Rentrée“.

Rentrée bedeutet soviel wie Wiedereintritt. Es bezeichnet nicht nur den landeseinheitlichen Schulbeginn nach den Sommerferien, sondern auch das Wiedererwachen der Politik nach der Sommerpause und überhaupt die Rückkehr zum Alltag nach der Urlaubszeit.

Zur Rentrée gehören jedes Jahr die Themen, mit denen sich die Regierung über die Medien zurückmeldet. In diesem Jahr ist es das Verbot der Abaya an öffentlichen Schulen. Seit 20 Jahren ist das Tragen eines Kopftuchs an französischen Schulen untersagt, aber das langärmelige Übergewand, das den weiblichen Körper bis zu den Füßen umhüllt, wurde von immer mehr muslimischen Schülerinnen getragen. Ob Mode oder Protest war Gegenstand vieler Debatten und von heute auf morgen ist es verboten. Landesweit sollen noch etwa 300 Mädchen mit Abaya erschienen sein, mussten das Gewand aber an der Schultür ebenso ablegen wie ihr Kopftuch. Mit dieser Maßnahme, die von einer großen Mehrheit der Bevölkerung unterstützt wird, habe die Regierung vom massiven Lehrkräftemangel und der notwendigen Sanierung tausender von Schulen ablenken wollen, meinen kritische Stimmen.

Das zweite Thema der Rentrée war die Einladung des Präsidenten an alle politischen Parteien, mit ihm gemeinsam die großen Fragen anzugehen. Das erinnert etwas an den „Deutschland-Pakt“ von Olaf Scholz. Wer hat da wohl von wem abgeschaut? Immerhin hat unser Kanzler eine Ampelkoalition hinter sich. Davon kann der französische Präsident nur träumen.


Paul Oppenheim