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''Zeiten, in denen wir Zusammenarbeit, Kommunikation und persönliche Beziehungen brauchen''
WGRK Europa: Scheidende Präsidentin Wasserloos-Strunk

Als Präsidentin der WGRK in Europa setzte sich Wasserloos-Strunk besonders für den Dialog mit osteuropäischen Kirchen sowie für Gerechtigkeit und theologisches Engagement gegen globale Missstände ein. Es sei wichtig gewesen, so Wasserloos-Strunk im Interview, Glaubensfragen mit sozialem Engagement zu verbinden - und Kirchen in Mittel- und Osteuropa besser kennenzulernen.
Ein prägender Moment war für sie die Generalversammlung 2004 in Accra. "Ich war jung, aber tief beeindruckt von der Vielfalt innerhalb der weltweiten Kirche", sagt Wasserloos-Strunk. "Damals wurde mir zum ersten Mal bewusst, welche Verantwortung es bedeutet, so viele unterschiedliche Erfahrungen in Einklang zu bringen." Beim 20-jährigen Jubiläum des Glaubensbekenntnisses von Accra berichteten erneut Kirchen des Globalen Südens von anhaltender Ungerechtigkeit. Sie seit "tief erschüttert" über den fehlenden Zugang zu Medikamenten während der AIDS-Epidemie und den fehlenden Zugang zu Impfstoffen während der Coronavirus-Epidemie gewesen.
Wasserloos-Strunk sieht die Beziehungen zu reformierten Kirchen in Rumänien, Ungarn und den Unterkarpaten als "eines der Geschenke meines Dienstes". Als Politologin interessiere sie sich besonders für die Frage, wie Glaube in postkommunistischen Gesellschaften wieder aufgebaut werden kann, was die Menschen jenseits des ehemaligen Eisernen Vorhangs bewegt und wie Brücken zwischen unterschiedlichen Kontexten entstehen können. Trotz Meinungsverschiedenheiten zu sensiblen Themen wie Familie oder Sexualität habe sie stets versucht, den Dialog offen zu halten. Ihr war wichtig, dass Unterschiede nicht trennen, sondern Räume für Gespräche schaffen.
Wasserloos-Strunk besuchte mehrfach Altenheime in den Unterkarpaten, wo ältere Menschen von Einsamkeit, Armut und dem schmerzlichen Verlust familiärer Nähe berichteten. Die Schulen in der Region schließen wegen Kindermangels, und der Alltag der Älteren ist von Isolation und existenzieller Not geprägt. Trotz aller materiellen Not baten die Menschen nicht um Geld oder praktische Hilfe, sondern vor allem um Gebet und spirituelle Verbundenheit. Wasserloos-Strunk sah sich von dieser einfachen Bitte tief berührt.
Wasserloos-Strunk sieht ein wiederkehrendes Muster von Machtstrukturen und deren Opfern, das zunehmend auch Regionen wie die Ukraine, den Libanon oder Gaza betrifft. Besonders beschäftigt sie das Leid in der Ukraine, das sie mit globalen wirtschaftlichen Interessen und einem sich wandelnden "Imperium" in Verbindung bringt. Aus ihren engen Kontakten zur reformierten Kirche in den Unterkarpaten erfährt sie von Angst, Verletzlichkeit und Hilflosigkeit. Diese Eindrücke bringt sie regelmäßig in Seminare ein, um Stimmen aus weniger beachteten Regionen hörbar zu machen.
Martina Wasserloos-Strunk möchte weiterhin aktiv bleiben, vor allem im Frauennetzwerk und in einer Arbeitsgruppe zur Frage, wie authentischer Gottesdienst und Gemeinschaft im europäischen Kontext gestaltet werden können. Obwohl sie den Vorsitz abgibt und etwas Wehmut empfindet, freut sie sich auf neue Impulse und ihre Beteiligung an zukünftigen Projekten. Sie betont, dass ihr Engagement nicht endet, sondern in veränderter Form weitergeht.
Der neuen Leitung empfiehlt sie, Mut zu zeigen und den Fokus auf Einheit, Zusammenarbeit und persönliche Beziehungen zu legen, besonders in einer zunehmend komplexen kirchlichen und politischen Welt. "Wir leben heute in Zeiten, in denen wir Zusammenarbeit, Kommunikation und persönliche Beziehungen brauchen", so Wasserloos-Strunk. "Es erfordert großen Mut, aber es kann uns voranbringen: zusammenzustehen und die Wahrheit zu sagen."
RB