angesagt
Die junge Autorin sei angesagt, erklärt mir die Moderatorin im Kulturradio. Schön für sie, die Autorin! Ärgerlich für mich, ihren möglichen Leser! Die Moderatorin erreicht bei mir das Gegenteil, denn ich lese nie, was jemand mir zu lesen befiehlt. Empfehlungen höre ich gerne zu, Ansagen stelle ich ab.
Bei der Empfehlung steht die Entscheidung am Schluss. Je nach ihren Argumenten und Beispielen entscheide ich mich für den Kauf des empfohlenen Buchs. Bei der Ansage steht die Entscheidung am Anfang. Weil es in der Hitliste ganz oben rangiert, soll ich es lesen. Entschieden hat das rating und ranking einer mir völlig unbekannten Mehrheit. Wieso sollte ich ihr folgen? Quantität hin oder her, seit wann ergibt sich Qualität aus Quantität? Nein, ich bin kein Lemming!
Wo mir Ansagen willkommen sind, etwa im Zirkus oder bei einer Show, habe ich mich selbst entschieden, zuzusehen und dabei zu sein. Da finde ich es eher schade, wenn alter Witz, etwa das Nummerngirl, zunehmend verschwindet zugunsten affektierten Gehabes, etwa der Anmoderation der besten Nebenrolle im Film.
Überzeugen lasse ich mich oft, überreden selten. Schade für die junge Autorin! Aber vielleicht begegne ich ihr doch irgendwie. Qualität setzt sich früher oder später durch. Die charts sind dann schon wieder ganz woanders. Jedenfalls wünsche ich ihr viele Empfehlungen und keine Ansagen.
MK