einer der bedeutendsten
Sie sei eine der bedeutendsten Dirigentinnen, erklärt die Moderatorin mit wichtigem Ton im Kulturradio. Das verbreitet Respekt und erzeugt Aufmerksamkeit. Wieso aber ist sie das? Ich erfahre es nicht. Irgendwer in der Redaktion hat das beschlossen und erklärt sich nicht. Ich bin verärgert. Da gibt es ein geheimes rating & ranking, dessen Zustandekommen verborgen bleibt, vermutlich erstellt von Plattenfirmen und Musiklabels, die Musikliebhaber vor allem als Käufer verstehen. Ich fühle mich verkohlt. Im Graubereich des Uneindeutigen aber Wirkungsvollen lässt sich bestens verdienen. Eine(r) der kommt im Kulturradio zig Male vor im Lauf eines Tages.
Eindeutig wäre der Superlativ die beste Dirigentin, doch damit verschafft man sich Gegnerinnen und Zuschriften, oder besser noch der Elativ eine sehr gute Dirigentin, doch damit konterkariert man die Lust am rating & ranking. Also bleibt es notorisch bei eine der, ohne dass ich jemals erfahre, wer denn die anderen dieser best of sind.
In der Kirche herrscht das schiere Gegenteil vor. Als ich einst einem leitenden Gremium das Projekt einer Stadtakademie vorstellte und dabei reichlich visionär meinte, aus der Pfarrschaft der Landeskirche sollten die Besten, jene, die etwas Einmaliges und Ausserordentliches zu bieten hätten, selbstverständlich ein Format in der geplanten Stadtakademie gestalten und ausfüllen, war die massregelnde Antwort des Präsidenten, in seiner Landeskirche gebe es keine Besten, denn alle seien gleich gut. Roma locuta.
Wo, frage ich mich, liegt zwischen dem Uneindeutigen aber Wirkungsvollen und dem Eindeutigen aber Wirkungslosen die Wahrheit? Ich schlage vor, den Elativ wiederzuerwecken und so zu einer Renaissance der Eliten zu kommen. Mindestens die Kirche hat sie bitter nötig.
MK