Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1492-1549)
Ludwig XII. versuchte mehrmals, Marguerite als Braut in Europa zu verhandeln, aber weder ihre Aussichten, noch ihr Vermögen waren ausreichend, um eine internationale Ehe einzugehen. Stattdessen heiratete sie 1509, gerade siebzehn Jahre alt, den Herzog von Alençon, von dem wenig bekannt ist. Die Forschung geht meistens davon aus, dass sie und ihr Gatte wenig Gemeinsames hatten, zumal der Herzog vor Allem ein Soldat war. Dafür hatte sie aber eine geliebte Schwiegermutter, Marguerite von Lorraine, die eine zutiefst fromme Frau war. Jahre später schrieb Marguerite über ihren Tod und ließ ihre Trauer darüber durchblicken.
Als Ludwig XII. befürchten musste, nicht selbst Söhne zeugen zu können – er hatte „nur“ zwei Töchter, Claude und Renée de France – holte er Franz d´Angoulême an seinem Hof und gab ihm seine Tochter Claude zur Ehe. 1515 verstarb er und Franz bestieg als Franz I. den Thron Frankreichs.
Für Marguerite änderte sich das Leben schlagartig. Sie kam zu ihrem Bruder an den Hof, und da die Königin Claude sehr zurückhaltend und scheu war, übernahm sie bald die repräsentativen Pflichten. Zusammen mit ihrer Mutter bildete sie mit Franz ein Trio, die sogenannte „Dreieinigkeit“. Franz konnte immer mit seiner Mutter und seiner Schwester rechnen, und sie unterstützten ihn nach Kräften.
Franz I. wurde der erste Renaissancekönig Frankreichs. Er war jung, viril und plötzlich auch reich. Er ließ bauen an der Loire, eroberte das Herzogtum Mailand, versuchte sich als Deutschrömischer Kaiser wählen zu lassen – das war eine extrem teure Angelegenheit – und verwickelte sich in Rivalitäten sowohl mit Heinrich VIII. von England als auch mit Kaiser Karl V.
Schon 1516 verhandelte er ein Konkordat mit dem Pabst in Bologna. Die französische Kirche hatte seit dem Mittelalter ihre gallikanische Freiheiten gegenüber dem Pabst verteidigt, und als Frankreich sich als Nationalstaat festigen konnte und mit Franz I. fast die Grenzen erreicht hatte, die noch heute gelten, gelang es auch Franz, eine römisch-katholische Nationalkirche zu vereinbaren. Vor allem durfte er wichtige Posten in der Kirche mit seinen Kandidaten besetzen, die dann vom Pabst anerkannt wurden. Damit war die französische Kirche ihrem König treu ergeben, nicht desto weniger war sie streng katholisch, besonders die Fakultät der Theologie der Universität von Paris (oft abgekürzt Sorbonne genannt) wachte über die reine katholische Lehre. In den Jahren 1515 bis 1534 war Franz theologisch eher liberal und pfiff die eifrigen Theologen zurück, nach 1534 machte er mit ihnen gemeinsame Sache.
In Frankreich bildeten sich Kreise von Reformkatholiken und Humanisten, die der etwas verkrusteten katholischen Theologie kritisch gegenüberstanden. Sie forderten die Bibel in der Muttersprache und in den Händen von Laien. Sie kritisierten Heiligenkult und Reliquienverehrung, und versuchten eine Erweckung der Gläubigen im Sinne vom reformatorischen „sola fide, sola scriptura“ (= durch den Glauben allein und durch die Heilige Schrift allein) herbeizuführen. Der leitende Humanist war der alte Lefèvre d´Etaples (Faber Stapulensis), der nach Jahren als Herausgeber klassischer antiker Schriften endlich bereit war, die Heilige Schrift zu übersetzen. Er wurde unterstützt von Guillaume Briçonnet, Bischof von Metz. Dieser führte Reformen in seiner Diözese durch, legte die Bibelübersetzung des Lefèvre in den Kirchen aus, verjagte die Franziskaner, die sonst fast Predigtmonopol besaßen, und ließ durch seine eigene Leute „reformatorisch“ predigen. Unter ihnen waren Gérard Roussel, der später Hofkaplan bei Marguerite wurde, Guillaume Farel, der später in Genf als Reformator zusammen mit Calvin wirkte, und Simon Robert, der die frühere Nonne Marie Dentière heiratete und auch in die Schweiz zog.
Als katholischer Bischof wollte Briçonnet nicht die katholische Kirche umstürzen oder dem Pabst die Treue kündigen, er wollte dagegen die Kirche von innen erneuern. Er gehörte dem Reformkatholizismus an, der in Frankreich oft als „évangelisme“ bezeichnet wird, mit dem deutschen Wortbrauch „evangelisch“ aber wenig zu tun hat. Die Humanisten wie Erasmus von Rotterdam oder Lefèvre d´Etaples wollten zu den Quellen zurück, sie wollten die Bibel allen zugänglich machen, sie hatten von Paulus gelernt, dass Rechtfertigung durch den Glauben geschieht, aber er sah das alles nicht als Grund, die Einheit der Kirche auf Spiel zu setzen. Diese Männer prägten Marguerite.
An Bischof Briçonnet wandte sich Marguerite mit der Bitte um geistigen Beistand. Ein Briefwechsel folgte, der sich (nachweislich) über die Jahre 1521 bis 1524 erstreckte. Der Bischof schrieb lange Homilien, und Marguerite bat ihn ständig um mehr „seelische Nahrung“. Sie verwendete vermutlich seine schriftlichen „Predigten“ als Grundlage für Andachten mit ihren Hofdamen. Abschriften ließ sie in ihrem Freundes- und Verwandtenkreis verteilen .
Briçonnet legte ihr die Bibellektüre ans Herz, mit besonderer Wertschätzung der Paulinischen Briefe. Nebenbei sei bemerkt, dass sowohl Luther als auch Calvin in jungen Jahren den Römerbrief auslegten, denn wer Erneuerung für die Kirche erhoffte, kam um Paulus nicht herum. Das Besondere bei Briçonnet war allerdings sein Hang zur Innerlichkeit, die Liebe zwischen Christus und der Seele, die Aufgabe des Selbst und das Hinschmelzen in Christus. Gute Werke, der Verdienst der Heiligen, Fasten und Pilgern kamen bei ihm dagegen nicht vor.
Für Marguerite bedeutete diese religiöse Erneuerung, dass sie anfing, geistliche Gedichte zu schreiben, ihre poetische Ader wurde freigelegt. Das erste Gedicht handelt von einer nächtlichen Vision. Ihre Nichte – die Tochter ihres Bruders – starb 1524 mit acht Jahren, und Marguerite fragt die reine Seele, was sie glauben soll. Der Antwort ist klar, sie soll Christus allein lieben und glauben. Briçonnet hätte es nicht besser ausdrucken können.
In diesen Jahren wurden Luthers Schriften in Frankreich verbreitet und wir wissen mit Sicherheit, dass Marguerite seine Schriften kannte. Die theologische Fakultät der Universität von Paris leistete Widerstand gegen die lutherische Ketzerei und das bekam Bischof Briçonnet zu spüren. In seinen Briefen an Marguerite bat er sie wiederholt um Unterstützung und besonders darum, dass sie ihren Bruder und ihre Mutter für seine Reformen gewinnen möge. Marguerite hatte zwar großen Einfluss auf ihren Bruder, aber trotzdem musste Briçonnet alle seine Reformvorhaben aufgeben. Die Gruppe um ihn flüchtete nach Straßburg, während er selbst widerrufen musste. Er starb kurze Zeit später.
1524 starb Königin Claude, und Marguerite wurde mit der Aufsicht der königlichen Kinder betraut. Aus ihrem Briefwechsel wissen wir, wie sehr diese Kinder ihr ans Herz wuchsen. Ihre Ehe blieb kinderlos – ihre Trauer darüber vernimmt man in den Briefen an Briçonnet – und jetzt konnte sie ihre mütterlichen Gefühle den Kindern ihres geliebten Bruders zu Gute kommen lassen.
1525 verlor Franz I. die Schlacht bei Pavia in Norditalien. Seit vielen Jahren, schon in der Regierungszeit Karl VIII. hatte Frankreich mit den italienischen Stadtstaaten Krieg geführt. Jetzt stießen in Italien die habsburgischen und die französischen Truppen zusammen. Die Blüte des französischen Adels wurde an einem Tag vernichtet, und Franz selbst wurde gefangengenommen. Der Herzog von Alençon flüchtete vom Schlachtfeld und starb wenige Monate später, von seiner Gattin liebevoll gepflegt.
Jetzt schlug die Stunde für Marguerite. Mit ihrer Mutter hatte sie in Lyon den Ausgang des Krieges abgewartet, und nach dem Tod ihres Gatten ließ sie ihre Mutter als Regentin Frankreichs zurück, sie selbst segelte und ritt zu ihrem Bruder, der schwer krank in Madrid im Gefängnis lag. Sie pflegte ihn wieder gesund und versuchte mit dem unerbittlichen Kaiser Karl V. zu verhandeln. Sowohl sie als auch Franz dachten, dass der ritterliche Ehrencodex seine Befreiung möglich machen würde, Karl war aber auf handfeste Vorteile aus. Am Ende versprach Franz alles, um freizukommen, fuhr nach Hause, gab seine Söhne quasi als Unterpfand dem Kaiser und musste eine Riesensumme als Lösegeld aufbringen.
Als Regentin hatte die streng katholische Louise von Savoyen die französische Kirche in ihrem Kampf gegen die „Ketzer“ unterstützt, deshalb war auch keine Hilfe für Briçonnet und seine Leute zu erwarten. Nach der Rückkehr Franzens war er noch abhängiger als zuvor von der Kirche, nur sie konnte ihm mit dem Geld, das er dem Kaiser schuldete, versorgen. Anders als die deutsche Fürsten, die sich sehr wohl handfeste Vorteile von der Reformation in ihren Ländern erhoffen konnten, hatte der französische König schon eine (katholische) Nationalkirche, die ihn kräftig unterstützte, natürlich in der Annahme, dass er keine „Ketzer“ dulden würde.
Marguerite war eine noch junge Witwe, und ihr zweiter Gatte war ein junger, strahlender Held: Henri d´Albret, König von Navarra. Er hatte sich in der Schlacht von Pavia tapfer geschlagen, war gefangen genommen worden, hatte sich aber in einer „Mantel und Degen Aktion“ buchstäblich erfolgreich abgeseilt. Er war zudem ein Frauenheld und 12 Jahre jünger als Marguerite. Sein Königreich war winzig: das Königreich Navarra war ursprünglich das, was wir heute das Baskenland nennen, ein Gebiet, das sich beidseitig über den Pyrenäen erstreckte, jedoch sein Schwerpunkt auf der Südseite der Bergkette mit Pamplona als Hauptstadt hatte. Die Albrets, als südfranzösische Großgrundbesitzer, waren durch Heirat an die Krone gekommen, nur um erleben zu müssen, dass Spanien 1512 der Gebiet um Pamplona eroberte. Damit schrumpfte das Königreich auf Basse-Navarre zusammen, der französische Teil des Baskenlandes. Da er auch Vicomte von Béarn war, eine unabhängige Grafschaft mit eigener Regierung und Generalständen, hatte er dennoch sein eigene Hausmacht. Er erwartete, sozusagen als Mitgift, dass Franz ihm helfen würde, ganz Navarra zurückzuerobern. Franz dagegen erwartete, dass er die Grenze gegen Spanien verteidigen würde und machte ihn zum Oberbefehlshaber in Guienne, eine Bezeichnung für Südwestfrankreich von den Pyrenäen bis Loire, vom Atlantik bis Auvergne.
Was Marguerite erwartete, wissen wir nicht. Ihre Ehe bedeutete für sie eine Zerreißprobe zwischen dem geliebten Bruder und dem Ehemann, und es war für sie nicht einfach, beiden gegenüber loyal zu sein.
Ihre Ehe bedeutete aber auch, dass sie endlich Mutter wurde. 1528 gebar sie ihre Tochter, Jeanne d´Albret, danach einen Sohn, der kurz nach dem Geburt starb, und dann – sie wurde ja nicht jünger – hatte sie eine Reihe von Fehlgeburten und Scheinschwangerschaften.
Als Königin mit eigenem Herrschaftsgebiet konnte sie jetzt Glaubensflüchtlingen Schutz bieten. Bei ihrem Bruder trat sie immer noch für Andersdenkende ein, sie konnte aber jetzt in Bourges luthersche Studenten und Dozenten an die Universität holen, sie brachte den alten Lefèvre d´Etaples bei ihrem Hof in Nérac unter, sie machte Gérard Roussel zum Bischof von Oloron, und sie stellte als Sekretäre bekannte humanistische Skribenten ein, unter ihnen Clément Marot, Dichter und Verfasser vom ersten gereimten französischen Psalter.
Anfänglich blieben sowohl sie wie ihr Gatte am Hofe. Sie verhandelte zusammen mit ihrer Mutter und Margaretha von Habsburg, Statthalterin der Niederlande, den sogenannten Damenfrieden von Cambrai aus. Sie empfing Botschafter, verhandelte mit dem Pabst, und hatte immer noch die Aufsicht über die königlichen Kinder. Sie reformierte Klöster überall in Frankreich, ihre Lektüre der Lutherschrift „Von den Mönchsgelübden“ hatte sie nicht dazu gebracht, die Klöster abzuschaffen, sondern eher Missstände abzubauen.
1531 veröffentlichte Marguerite ihr religiös-poetisches Werk „Ein Spiegel der sündigen Seele“. Die zweite Ausgabe 1533 wurde von der Sorbonne als ketzerisch verurteilt und verboten. Wütend verlangte Franz I. die Rücknahme der Verurteilung, und die Universität fügte sich schleunigst. Als dann, 1534, die Plakataffäre mit ihrem Angriff auf die Messe und das katholische Abendmahlverständnis die Gemüter erregte, ging sie nach Südfrankreich. Dort konnte sie unter Anderen einem Flüchtling, dem jungen Calvin, weiterhelfen. Sie hatte seit jungen Jahren freundschaftliche Beziehungen zu ihrer Cousine, Renée de France, Herzogin von Ferrara, gepflegt, und jetzt schickten die zwei gleichgesinnten Verwandten einander hilfsbedürftige Glaubensflüchtlinge zu.
In den nächsten Jahren war das Verhältnis zwischen Bruder und Schwester etwas abgekühlt. Franz I. unterstützte die römisch-katholische Kirche nach Kräften, und Marguerite war vorsichtig geworden. Als der Berater des Königs ihn aber fragte, ob Gefahr bestünde, Marguerite könne zum Protestantismus übertreten, erwiderte der König: „Dafür liebt sie mich zu sehr!“, und behielt Recht damit.
Die Ruhe und Abgeschiedenheit am Hofe bedeutete für Marguerite Zeit für eine rege schriftstellerische Tätigkeit. Die religiösen Gedichte waren wohl eher eine Art meditative Übung inmitten der oberflächlichen Geschäftigkeit des Hofes. Jetzt verfasste sie Schauspiele, die am Hof aufgeführt wurden. Angeregt durch die Beschäftigung mit den Schriften des Plato, die sie durch den italienischen Humanisten Pico della Mirandola und Marsilio Ficino kennengelernt hatte, dachte sie über das Wesen der Liebe nach, und ihre schriftstellerische Tätigkeit wurde von diesen Überlegungen geprägt. Sie ließ Platos Schriften ins Französisch übertragen, so wie sie auch die Novellen von Boccaccio, „Dekameron“, übersetzen ließ. Diese Novellen beeinflussten ihre berühmteste Werk, die Novellen, aus denen das „Heptameron“ besteht, und die von ihr über einen längeren Zeitraum zusammengefügt wurden. Sie gab nur ein Buch in Druck, „Les marguerites de la Marguerite des princesses“, die Perlen der Perle (Marguerite) der Prinzessinnen, mitsamt dem Folgeband: „Suyte des marguerites“ (1547). Alle andere Schriften von ihr waren zu ihren Lebzeiten nur als Manuskript vorhanden, aber das Heptameron wurde ungefähr zehn Jahren nach ihrem Tod als Buch herausgegeben, und zählt seitdem zu den Klassikern des 16. Jahrhunderts, obwohl es oft missverstanden worden ist – dazu mehr später (vgl. Nielsen, Theologie als Erzählung).
Eine andere wichtige Angelegenheit in den letzten Jahren, ihr Verhältnis zu ihrer Tochter Jeanne, wird im Artikel über diese behandelt. In den letzten Jahren hatte sie eine Auseinandersetzung mit Calvin über die Freigeister, die sich bei ihrem Hof aufhielten. Ihre Bedeutung für die Reformation wird später untersucht. Klar ist allerdings, dass sie als Katholikin starb. Als ältere Frau zog sie sich immer öfters in Klöstern zurück und auch, wenn sie nie besonders rechtgläubig war, trat sie nie aus der Kirche aus. Sie starb 1549 auf ihrem Schloss Odos.
Marguerite d`Angoulême war eine hoch begabte, zutiefst fromme Frau. Sie ging unbeirrt ihre eigenen Wege, und auch, wenn sie diskret war, ließ sie sich nicht einschüchtern. Ihre Verdienste für die Verbreitung der Reformation sind offenkundig, und in Genf wusste Calvin sehr wohl, wie dankbar er ihr sein musste. Dabei war die geistige Freiheit ihr ohne Zweifel eine Herzensangelegenheit, während ihre Tochter und Enkelin mit Nachdruck Partei ergriffen. Zu Marguerites Zeiten waren diese geistige Freiheit und die Hoffnung, die katholische Kirche von innen zu erneuern und zu „reformieren“, ohne die Glaubensspaltung vollziehen zu müssen, noch möglich. Diese Umstände gaben ihr etwas Spielraum, den spätere Generationen nicht länger hatten.
Literatur
In Deutschland ist die Literatur zu Marguerite d´Angoulême übersichtlich. Zu erwähnen sind:
Margarete von Navarra: Das Heptameron, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1960, mit einem ausgezeichneten Nachwort von Peter Amelung. Neudruck München 1979, 1999 (dtv 12710)
Eltz-Hoffmann, Lieselotte von: Kirchenfrauen der frühen Neuzeit, Stuttgart 1995
Kraus, Claudia: Der religiöse Lyrismus Margaretes von Navarra, München 1981
Schönberger, Axel: Die Darstellung von Lust und Liebe im Heptaméron der Königin Margarete von Navarra, Frankfurt a/M 1993
Sckommodau, Hans: Die religiösen Dichtungen Margaretes von Navarra, Köln 1955
Sckommodau, Hans: Galanterie und vollkommene Liebe im „Heptaméron“, Münchener Romanistische Arbeiten, Band 46, München 1977
Sckommodau, Hans: Die spätfeudale Novelle bei Margareta von Navarra, Sitzungsbericht der Wissenschaftlichen Gesellschaft an der Johann Wolfgang von Goethe-Universität Frankfurt, Bd. XIV, Nr. 4, Wiesbaden 1977
Zimmermann, Margarete: Der Salon der Autorinnen: französische „dames de lettres“ vom Mittelalter bis zum 17. Jahrhundert, Berlin 2005
Stedman, Gesa & Zimmermann, Margarete: Höfe – Salons – Akademien, Hildesheim 2007
Hinzu kommt eine Übersetzung:
Febvre, Lucien: Margarete von Navarra. Eine Königin der Renaissance zwischen Macht, Liebe und Religion, Frankfurt a/M 1998 (Originaltitel: Autour de l´Heptaméron: Amour sacré, amour profane, Paris 1996)
Allgemeine Kirchengeschichte:
Strasser-Bertrand, Otto Erich: Die evangelische Kirche in Frankreich, in: Die Kirche in ihrer Geschichte, Göttingen 1975
In Frankreich zählt sie zu den wichtigen Renaissancedichterinnen. Eine vollständige wissenschaftliche Ausgabe ihrer Werke von Nicole Cazauran ist in Arbeit:
Marguerite de Navarre: Oeuvres Complètes, Paris 2001. Bisher erschienen:
Heptaméron, Paris 2000 und die Bände 1,3,4,8 & 9
Die klassische Biografie ist:
Jourda, Pierre: Marguerite d´Angoulême, duchesse d´Alençon, reine de Navarre (1492-1549), Étude biographique et littéraire, Paris 1930, Genf 1978
Jourda, Pierre: Répertoire analytique et chronologique de la Correspondance de Marguerite d´Angoulême, Duchesse d´Alençon, reine de Navarre (1492-1549), Paris 1930
Christine Martineau, Michel Veissière & Henry Heller: Guillaume Briçonnet/Marguerite de Navarre: Correspondance, 2 Bd., Paris 1975-79
Herminjard, Aimé, hrsg.: Correspondance des réformateurs dans les pays de langue française, Genf 1886-79
In Heptaméron, ed. Nicole Cazauran, ist weiterführende Literatur erwähnt. Hier verweise ich nur auf drei Kolloquien aus dem Jahr 1992:
Marguerite de Navarre, 1492-1992, Actes du Colloque international de Pau (1992), Mont-de- Marsan 1995
Etudes sur l´Heptaméron de Marguerite de Navarre, Colloque de Nice, 15-16 Fèvrier 1992, Uni.de Nice, o. J.
Marguerite de Navarre, Actes du colloque international du 14 au 16 septembre 1992, Lódź 1997
Karlsson, Britt-Marie: Sagesse divine et folie humaine, Etude sur les structures antithétiques dans l´Heptaméron de Marguerite de Navarre (1492-1549), Göteborg 2001
Montaigne: Oeuvres complètes, Paris 1962
Ausgewählte Literatur in englischer Sprache:
- Patricia F. Cholakian & Rouben C. Cholakian: Marguerite de Navarre, Mother of the Renaissance, New York 2006
- Cholakian, Patricia F.: Rape and Writing in the Heptameron, Carbondale 1991
- Cottrell, Robert D.: The Grammar of Silence, A Reading of Marguerite de Navarre´s Poetry, Washington D.C. 1985
- Davis, Betty J.: The Storytellers in Marguerite de Navarre´s Heptaméron, Lexington 1978
- Davis, Natalie Zemon: Society and Culture in Early Modern France: eight Essays, Stanford 1975
- Farge, James K.: Orthodoxy and Reform in Early Reformation France, The Faculty of Theology of Paris, 1500-1543, Leiden 1985
- Ferguson, Gary: Mirroring belief: Marguerite de Navarre´s Devotional Poetry, Edinburgh 1992
- Gelernt, Jules: World of Many Loves, The Heptameron of Marguerite de Navarre, Chapel Hill 1966
- Greengrass, Mark: The French Reformation, London 1987
- Salmon, J.H.M.: Society in Crisis, France in the Sixteenth Century, London 1975
- Tetel, Marcel: Marguerite de Navarre´s “Heptaméron”: Themes, Language and Structure, Durham N.C. 1973
Anton Praetorius
(1560 – 6.12. 1613)
Anton Praetorius wurde 1560 in Lippstadt/Westfalen als Sohn von Matthes Schulze geboren. Dem Trend der Zeit entsprechend übersetzte er seinen Namen ins Lateinische und nannte sich fortan Praetorius. Im Alter von etwa 13 Jahren erlebte Praetorius einen Hexenprozess unter Anwendung der Folter, der zu seinem Denken entscheidend beigetragen hat.
Praetorius machte Karriere und wurde 1586 Rektor der Lateinschule in Kamen/ Westfalen. In der Folgezeit kam es zu häufigen Ortswechseln: 1587 lutherischer Diakon in Worms; 1589 zweiter Pfarrer an der ehrwürdigen Katharinenkirche in Oppenheim. Überzeugt von der Radikalität der Botschaft Christi schloss sich Praetorius um 1588 der in seinen Augen fortschrittlichsten Richtung der Reformation, dem Calvinismus, an. 1592 wurde Praetorius zum ersten reformierten Pfarrer in dem Weinort Dittelsheim berufen.
1593 besuchte er das nahe gelegene Herrnsheim in Worms mit dem großen Schloss der Dalberger. Dabei wurde er Zeuge des Dalberger Hexengerichtstages mit der Verlesung der Urgichten (Bekenntnis). Unter schrecklichen Foltern hatten Frauen aus dem Dittelsheimer Nachbarort Hessloch gestanden, Hexen zu sein.
Praetorius schreibt darüber, dass "auch Männer und Weiber verbrannt worden. Für deren Endurteil wurden vom Rathaus aus einem Fenster solche schändliche, närrische und greiflich lügenhafte Dinge von teuflischer Gemeinschaft und Wettermachen öffentlich vorgelesen, dass mir das Zuhören wehe täte und ich mich für keuschen Ohren schämen müsste, dieselben zu erzählen."
Das große Fass
1594 verfasste er in Dittelsheim sein erstes literarisches Werk, ein lateinisches Lobgedicht über das riesige Weinfass im Heidelberger Schloss. Er widmete es dem reformierten Pfalzgrafen Johann Casimir und dem reformierten Kurfürsten Friedrich IV.
Er pries das Fass als ein Zeichen für die gottgefällige Regierung der reformierten Obrigkeit. Die Größe des Fasses wurde von ihm als augenscheinliches Symbol der Überlegenheit des reformierten Glaubens gesehen: „Hier leuchtet die Güte, hier die Majestät, hier die höchste Macht des ewigen Gottes überall heller“.
Dieser gelehrte und fleißige Verkünder von Gottes Wort blieb nicht von den Katastrophen seiner Zeit verschont. Um 1584 hatte er in Kamen seine Frau Maria geheiratet. Ein Jahr später wurde ihr Sohn Johannes geboren, aber schon 1596 riss eine Pestepidemie die Frau von seiner Seite. Wie durch ein Wunder blieben er und sein 12-jähriger Sohn verschont, standen aber Todesängste aus in der dauernden Angst vor Ansteckung.
"De Pii Magistratus Officio"
1596 in seinem Werk "De Pii Magistratus Officio" nimmt Praetorius engagiert Stellung zu den konfessionellen Streitigkeiten. Die Hauptbedrohung der wahren Verehrung Gottes sieht er im Papsttum. In den "verderblichen" Lehren der katholischen Kirche erblickt er den Grund für den Zorn Gottes, der sich in Klimakatastrophen, Hungersnot und Kriegen äußert. Rettung der Menschen kann nur erfolgen, wenn die Bibel nach dem wahren Willen Gottes durchforstet und falsche Traditionen radikal bekämpft werden.
Fürstlicher Hofprediger im ysenburgischen Büdingen und Birstein
In der Schrift "De Pii Magistratus" hatte Praetorius 1596 die wenigen Fürsten besonders hervorgehoben, die den reformierten, den wahren Glauben unterstützten. Dabei nannte Praetorius vornehmlich den Grafen Wolfgang Ernst von Büdingen und Birstein.
Durch das Lobgedicht „De Pii Magistratus“ wurde der Graf auf Anton Praetorius aufmerksam. Er ernannte ihn zum fürstlichen Hofprediger in Birstein, weil er auf der Suche war nach Pfarrern und Lehrern, die die neue reformierte Lehre durchsetzen konnten. Praetorius arbeitete von 1596 bis 1598 als Hofprediger in Ysenburg-Birstein und veröffentlichte auf Deutsch ein Hausbuch für die christliche Familie („Haußgespräch“), einen Katechismus und einige Kirchenlieder.
1597 heiratete Praetorius Sibylle, die Tochter des Pfarrers Pistorius aus Muschenheim bei Lich.
Praetorius und der Hexenprozess von Birstein
1597 begann in Birstein aufgrund von Forderungen der Bevölkerung zur Bestrafung des "Hexengeschmeiß" ein Hexenprozess. Anton Praetorius wurde vom Grafen als Mitglied des Hexengerichts berufen. Praetorius ertrug es nicht, wie unschuldige Frauen durch die Folter in den Tod getrieben wurden. Mehrere der angeklagten Frauen nahmen sich aus Verzweiflung das Leben. Mit beispiellosem Ungestüm begehrte Praetorius auf. Er war Christ, und sein Maßstab war die Bibel. Der Pfarrer wetterte derart gegen die Folter, dass der Prozess beendet und die letzte noch lebende Gefangene freigelassen wurde. Dies ist der einzige überlieferte Fall, dass ein Geistlicher während eines Hexenprozesses die Beendigung der unmenschlichen Folter verlangte - und Erfolg hatte.
Der Schreiber der gräflichen Kanzlei hielt diesen ungewöhnlichen Vorfall fest: "weil der Pfarrer alhie hefftig dawieder gewesen, das man die Weiber peinigte, alß ist es dißmahl deßhalben underlaßen worden".
Kampf gegen Folter und Hexenprozesse
Praetorius hatte Glück, dass er vom Grafen nicht selber als "Hexenbuhle", als Freund der Hexen vor Gericht gestellt, sondern das Land verlassen musste. In Laudenbach/Bergstrasse in der Kurpfalz im heutigen Baden fand er eine neue Pfarrstelle.
Unter dem unmittelbaren Eindruck des Hexenprozesses in Birstein eröffnete Praetorius von Laudenbach aus seinen literarischen Kampf gegen Hexenwahn und unmenschliche Foltermethoden. Gleich nach seiner Ankunft im Jahr 1598 veröffentlichte er unter dem Pseudonym seines Sohnes Johannes Scultetus das Buch: "Von Zauberey vnd Zauberern Gründlicher Bericht".
1602 fasst er den Mut, seinen eigenen Namen als Autor zu verwenden. Praetorius wählte einen unauffälligen Buchtitel, der nicht verriet, dass er den Hexenrichtern ins Gewissen reden wollte. Auf 380 Seiten zerpflückte er alle Vorurteile gegen Hexen. In neun Kapiteln behandelt Praetorius das Zauberwesen und Folter aus biblischer Sicht und in den Kapiteln 10-13 die Rolle der Obrigkeit im Hexenprozess. Jedes Kapitel beinhaltet eine "Erinnerung", die in Form einer direkten Ansprache an die Obrigkeit und die Gerichtsbarkeit erfolgt. Die Ausgabe von 1602 widmete er der Regierung und seinen Landsleuten in der Grafschaft Lippe.
Praetorius Haltung gegen Hexenverfolgung
Anton Praetorius ist auf Seiten der reformierten Theologen einer der ersten radikalen Verfolgungsgegner. In seinem Werk erweist er sich als Kenner der Literatur zu diesem Thema; und zwar die der Gegner wie der Befürworter. Er ist ein absoluter Skeptiker des Hexenglaubens und greift das Delikt in seinem Kern an. Zauberei kann für ihn im Grunde nicht existieren, weil sie "über menschlich Vermögen und wider die natürliche Ordnung Gottes ist".
Wie vieler seiner Zeitgenossen teilt er zwar die Meinung, dass es Zauberei gebe, bestreitet aber, dass Zauberei ein sträflicher Tatbestand sei. Aus reformierter Theologensicht macht er deutlich, dass die Zauberei nur ein Abfall von Gott und ein Pakt mit dem Teufel sei. Aber weder der Teufel noch die Zauberer haben eine über ihre Natur hinausgehende Macht. Hexenflug, Hexentanz und Teufelsbuhlschaft bezeichnet er als als vom Teufel erzeugte Phantasien. Die Zauberei wird von Gott bestraft, rechtfertigt aber nicht die Todesstrafe durch weltliche Gerichte.
Als einzigen Maßstab lässt Praetorius das Wort der Heiligen Schrift gelten. Anfangs basiert seine Argumentation auf dem Alten Testament. Die dort vorgegebene Todesstrafe solle nur für Giftmörder Geltung haben: eine Sünde, für die er die Todesstrafe anerkennt. An der entscheidenden Stelle allerdings geht er vom Neuen Testaments aus und stellt den Sinn des Vergebungshandelns Christi in den Mittelpunkt seiner Argumentation. "Wie der Apostel Paulus sagt: Wir sind nicht unter dem Gesetz, sondern unter der Gnade" (Röm. 6,14).
Neben der Bibel erkennt er das weltliche Recht an, die „Peinliche Halsgerichtsordnung Kaiser Karls V.“ von 1532, die „Carolina“. Doch auch hier lässt er nur die Todesstrafe für Giftmorde zu. So sei es auch viel wichtiger, gegen Zauberei und Hexerei präventiv vorzugehen und eine Wiederherstellung des wahren christlichen Glaubens und Verhaltens im Volk zu bewirken.
In seinen Gedanken findet sich die Überzeugung, dass Zauberei nicht ein ausschließlich weibliches Phänomen sei. Er spricht in seinen Büchern fast nur von Zauberern. Frauen als Hexen finden nur am Rande Erwähnung.
Kritik der Obrigkeit
Heftig kritisiert Praetorius das Verhalten der Obrigkeit. Es muss ein Ende sein mit der Tyrannei, die bisher viele unterdrücket, denn Gott fordert Gerechtigkeit. Er fordert von ihnen eine Amtsführung, die sich an Gottes Willen orientiert. "Es sollten die obersten Herren gelehrt sein in Gott, fromm und ein Vorbild.“ „Christliche Obrigkeiten sollen das Werk der Zauberer auf christliche Weise hindern und strafen," und Barmherzigkeit üben.
Kritik der Richter und Juristen
Sein Angriff gegen die verantwortlichen Behörden ist überaus mutig. In schonungsloser Direktheit und unerhörter Schärfe klagt Praetorius die Justiz an: "Ihr seid im Unrecht. Ihr steht in des Kaisers Strafe, denn Ihr seid für mutwillige und öffentliche Totschläger und Blutrichter zu halten!" "Ihr seid des richterlichen Namens und Amtes nicht wert." "Es geht bei Euch Gewalt über Recht. Unter dunklem Schein des Rechtes treibt Ihr öffentliche Gewalt. Ihr legt unbescholtene Leute erst gefangen und wollt nachher erst erforschen, ob sie es verdient haben." "Ihr folgt hierin des Teufels Fußstapfen."
Mit drastischen Worten kritisiert er Rechtsbrüche und Grausamkeit der Juristen: "O Ihr Richter, was macht Ihr doch? dass ihr schuldig seid an dem schrecklichen Tod Eurer Gefangenen? Gott schreibt es auf einen Denkzettel! Welche Richter zu der Ungerechtigkeit Lust haben und unschuldiges Blut vergießen, werden in Gottes Hand zur Rache verfallen und sich selbst in die unterste Hölle hinabstürzen!"
Kritik an den Gefängnissen
Tief ergreifend und grauenhaft ist die Schilderung, die Praetorius aus eigner Anschauung von den Gefängnissen der Hexen und deren Folterqualen entwirft. Einfühlsam beschreibt er die seelischen Folgen der gewaltsamen Einkerkerung. Er verbirgt nicht sein Mitgefühl und sein Entsetzen und fordert: Wenn man Menschen in Gefängnisse einschließt, sollen es anständige Räumlichkeiten sein zur Verwahrung, aber nicht zur Peinigung.
Auseinandersetzung mit der Folter
Praetorius greift nicht nur das aktuelle Unrecht der Staatsvertreter an, sondern spricht der weltlichen Strafgewalt überhaupt das Recht ab, unmenschliche Verfahren und Strafen anzuwenden. Hierbei wendet er sich ganz besonders gegen die Folter, die er als unchristlich und für die Wahrheitsfindung unbrauchbar abweist und die er abgeschafft wissen will (AP Bericht, 1613, S. 217):
Ich sehe nicht gern/ daß die Folter gebraucht wirdt.
- Weil fromme Koenige vnd Richter im ersten Volck Gottes sie nicht gebraucht haben:
- Weil sie durch Heidnische Tyrannen auffkommen:
- Weil sie vieler vnd grosser Luegen Mutter ist:
- Weil sie so offt die Menschen am leibe beschaediget.
- Weil auch endlich viel Leut/ ohn gebuerlich vrtheil vnd Recht/ ja ehe sie schuldig erfunden werden/ dadurch in Gefaengnussen vmbkommen: Heut gefoltert/ Morgen todt.
ebd., S. 179: "Auch findt man in Gottes Wort nichts von Folterung/ peinlicher Verhoer/ vnd durch Gewalt vnd Schmertzen außgetrungener Bekaentnuß/"
ebd., S. 182: "Weil dann die peinliche verhoerung so vnchristlich/ so scharpff/ so gefaehrlich/ so schaedlich/ vnd darzu so betrieglich vnd vngewiß/ soll sie billich von Christlicher hoher Oberkeit nicht gebrauchet noch gestattet werden. Je mehr jemand foltert vnd foltern laesset/ je gleicher er den Tyrannen thut vnd wird."
ebd., S. 235: "Endlich ist gewiß/ der Teuffel fuehlet der Folter Schmertzen nicht/ vnd wirdt dardurch nicht vertrieben."
ebd., S. 239: "Ihr Herrn vnd Richter habt den armen Leuten mit Folterung ...auff den Weg der verzweiffelung gebracht...: Derhalben seyd ihr schuldig an ihrem Todt."
Praetorius beschreibt nicht nur das Unrecht der Täter, sondern auch die Auswirkungen des damaligen Strafvollzugs auf die Opfer und beobachtet präzise seine psychischen und sozialen Folgen. Erschreckend genau ist seine auf eigener Anschauung beruhende Schilderung von den Gefängnissen der Hexen und ihren Qualen. Schon ihre gewaltsame Einkerkerung verursache bleibende seelische Schäden. Er fordert nicht nur die Abschaffung der Folter, sondern auch anständige Räumlichkeiten als Gefängnisse.
Insgesamt ist Praetorius einer der ersten Theologen, der sich von seiner christlichen Grundüberzeugung her mit der gesamten Folterpraxis seiner Zeit auseinandersetzt und diese rechtlich und moralisch verwirft.
Der Reformer (Bildung und Kirche)
Für die Durchführung von Hexenprozessen fordert Praetorius: Ein Verteidiger muss zugelassen werden. Und es braucht immer mehrere Zeugen, nicht nur einen. Alle Angeklagten müssen gleich behandelt werden. „Es soll gelinde gestraft werden, denn Gott züchtigt uns auch in Gnaden."
Praetorius unterbreitet weitere revolutionäre Forderungen: Die Obrigkeit soll nicht strafen, sondern vorbeugen. "Es sollen die Schulen geordnet und bestellt werden, dass Junge und Alte an allen Orten recht gelehrt werden." Die Obrigkeit soll die Ordnung der Ältesten in den Gemeinden bestellen, auf dass dieselben im Namen der ganzen Kirche die Gemeinde des Ortes leiten. "Dazu braucht es tüchtige Mitarbeiter für Kirchen und Schulen, die Gottes Wort geneigt sind. Und daran sollen sie keine Kosten sparen."
Opposition in der evangelischen Kirche gegen Hexenverfolgung
Um 1600 formierte sich in der evangelischen Kirche überkonfessionelle Opposition. Viele Jahre hatte der reformierte Pfarrer Anton Praetorius die Lehre der Lutheraner bekämpft. Deswegen überrascht es, dass er 1613 der dritten Neuauflage seines Berichtes über Zauberey ein kritisches Gutachten lutherischer (!) Theologen aus Nürnberg aus dem Jahr 1602 anfügte. So wurde sein „Bericht“ von 1613 ein überkonfessioneller Appell gegen Folter und Hexenprozesse.
Die lange Liste der Widmungen des Buches zeigt, dass es in Deutschland von Danzig über Westfalen bis zu Rheinhessen unter Theologen und angesehenen Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens Kritiker der Hexenprozesse gab. Das Anti-Folterbuch des Praetorius erregte Aufsehen und diente vielen Menschen als Unterstützung in ihrer Argumentation.
Praetorius schrieb im Vorwort: "1602 habe ich das Buch meinen Landsleuten in der Grafschaft Lippe gewidmet. Aber in Lippe haben sie mit Folter und Wasserprobe fortgefahren. Nein, ich möchte es jetzt allen Gottesfürchtigen widmen, denn sie sind mächtiger als alle weltlichen Machthaber."
Gemeindepfarrer in Laudenbach
Anton Praetorius verrichtete als Gemeindepfarrer seinen Dienst in dem kleinen Ort Laudenbach. Von seiner Tätigkeit als Gemeindepfarrer heißt es, er sei „allezeit fröhlich im Herren dabei gewesen, freiwillig und reichlich den Armen gegeben, keinen ohne Almosen von sich gelassen und ihnen sein Brot also gebrochen.“ Im Jahr 1602 greift er mit dem Werk „de sacrosanctis“ in den Streit der Konfessionen über die Abendmahlslehre ein.
Neben seiner literarischen Arbeit hat Praetorius “das almosen an diesem ort angefangen, daran gewesen, dass die kirche und der gottesacker ist gebauet worden”. Er hat also eine Armenkasse eingerichtet, kümmerte sich um die Errichtung eines Friedhofs und baute die Kirche um.
Das Hochzeitsgedicht NEMO
Anton Praetorius hat in seinem Leben viel Leid ertragen und sich mit Krankheit herumschlagen müssen. Er überlebte eine Verlobte sowie drei Ehefrauen, die ihm 11 Kinder schenkten, die fast alle sehr früh gestorben sind. 1613 schreibt Praetorius, dass sein einziger Sohn Johannes im Alter von 27 Jahren gestorben ist.
1613 hält Praetorius in Weinheim eine später veröffentlichte Rede anlässlich einer Hochzeit. Sie wird beherrscht vom lateinischen Wort “nemo” (niemand).
Da bin ich, NIEMAND, seht, Männer: NIEMAND merkt auf mich.
Aus dem Gesagten vermag wohl NIEMAND gelehrter zu sein.
NIEMAND hat Gott gesehen: erkennen konnte ihn NIEMAND.
NIEMAND reize leichtfertig Gott zu gerechtem Zorn:
Gottes Zorn wiegt schwer; NIEMAND widersteht ihm.
NIEMAND ist frei von Mühsal, NIEMAND von eigenem Schmerz.
Den wahren Ausgang kennt NIEMAND zuvor.
Vollkommen glücklich wird NIEMAND sein, bevor er stirbt.
NIEMAND vertreibt tödliche Krankheiten, NIEMAND wehrt ab die letzten Pfeile
Ist denn da NIEMAND, der mich hört? NIEMAND, der mir hilft,
NIEMAND, der mir die Toten zurückruft, die ich verloren in diesem Leben?
(Auszugsweise Wiedergabe)
In dieser Rede hat es den Anschein, als ob sich das Glaubens- und Gottesverständnis von Praetorius vollkommen verändert hat.
Beerdigungsansprache für Praetorius
Am Freitag, den 6.12. 1613, entschlief Praetorius im Pfarrhaus in Laudenbach. Am Sonntag, den 8.12.1613 wurde die Beerdigung von Anton Praetorius durch den Pfarrer aus der Nachbargemeinde gehalten. In seiner Beerdigungsansprache schilderte Pfarrer Wolf ausführlich Leben und Wirken seines Amtskollegen. Aber mit keinem Wort erwähnte er das literarische und persönliche Engagement des Laudenbacher Pfarrers gegen Hexenprozesse und Folter, das in ganz Deutschland Beachtung gefunden hatte. Vielmehr charakterisierte er ihn als einen Menschen, der „seine großen Mängel gehabt, den Zorn sich bald überwinden lassen und der Sachen etwas zuviel getan“. Er sagt, dass Praetorius „bisweilen seine Affekte schießen lassen“, also seine Gefühle nicht unter Kontrolle hatte und oft in Streit mit anderen geraten ist. Damit übte er unüberhörbar indirekt Kritik an dessen Kampf gegen den Hexenwahn.
1629
1629, während des 30-jährigen Krieges, in dem Jahr ohne Sommer, als Wetterkatastrophen die Menschen heimsuchten und die Zahlen der Hexenhinrichtungen traurige neue Rekorde erreichten, haben unbekannte Gleichgesinnte sein Buch posthum in vierter Auflage neu herausgebracht.
Aufgrund der heftigen Dispute über die Möglichkeit des Wetterzaubers durch Hexen war die Stellungnahme von Praetorius sicherlich ein entscheidender Grund, dass sein Bericht neu gedruckt wurde. Nach Praetorius kommt von Hexen kein Wetterschaden, wie alle Welt fürchtet. "Alles Wetter kommt von Gott zum Segen oder zur Strafe nach seiner Gerechtigkeit und mag den Hexen nichts davon zugeschrieben werden. Außerdem sind die Mittel, welche Hexen gebrauchen zum Wettermachen ganz und gar kraftlos."
Würdigung
Das Wirken des evangelischen Pfarrers Anton Praetorius verdient ein besonderes Gedenken, wie Zitate aus der Literatur zeigen:
"Unter den verdienstvollen Männern, die im 16. und 17. Jahrhundert der damals in Deutschland so schrecklich wütenden Hexenverfolgung mutig entgegentraten, gebührt eine Ehrenstelle dem wackeren Anton Praetorius." (Paulus, Nikolaus: Hexenwahn und Hexenprozess vornehmlich im 16. Jahrhundert, Freiburg im Breisgau 1910, 183 ff); zitiert von Dr. Otto Schnettler in: Heimatblätter, Organ des Heimatbundes für den Kreis Lippstadt, 20.7.1927
"Diese Schrift gehört zu den wenigen, welche dem 17. Jahrhundert zur Ehre gereichen. [...] Da dieser edle Menschenfreund sehr wenig bekannt ist, so dürfte es angebracht sein, die Erinnerung an seine ziemlich vergessenen Verdienste wieder aufzurichten." (Janssen, Johannes, Pastor Ludwig: Geschichte des deutschen Volkes seit dem Ausgang des Mittelalters. Bd. VIII, Freiburg 1924, S.629f)
Zwei Jahrzehnte hatte Praetorius zur Avantgarde des Calvinismus gehört. Die aufmerksame Lektüre seiner deutschen und lateinischen Schriften macht deutlich, wie er immer neu um einen eigenen Standpunkt ringt, und zeigt die Veränderung seiner Lebens- und Glaubensüberzeugungen. Seine Bücher sind geprägt von fundierter Bibelkenntnis.
Von missionarischem Eifer erfüllt, wurde er zu mehreren Einsätzen in Gemeinden als erster reformierter Pfarrer gerufen. Mit seinem Loblied auf das Große Fass von Heidelberg leistet der Dorfpfarrer einen Beitrag zur Verbreitung des calvinistischen Glaubens. In seiner Schrift "De Pii" forderte er die Fürsten zu einer reformierten und bibelorientierten Erneuerung von Kirche und Nation auf. Mit einem Katechismus, dem Buch "Haußgespräch" und einer Abendmahlslehre leistet er Beiträge zur Durchsetzung der "wahren" Religion.
Der Hexenprozess in Birstein bedeutete die Wende in seinem Leben. Er wurde ein glühender Verfechter der Menschenrechte in Zeiten des Hexenwahns, begründet in christlicher Barmherzigkeit und Nächstenliebe. Er wandte sich gegen alle Formen staatlich- religiösen Terrors und gegen die Folter. Mit seiner couragierten Schrift „Bericht von Zauberey“ hatte er den Menschen seiner Zeit mit Argumenten aus der Bibel Mut gemacht im Einsatz gegen Hexenprozesse und Folter. Besonders beeindruckend sind sein persönliches Eingreifen in einen Hexenprozess und sein Mut, diese Schrift vor 400 Jahren unter seinem eigenen Namen zu publizieren.
Widmungen in seinen Schriften zeigen, dass er in seinem Kampf um die Menschenrechte Unterstützung hatte von Persönlichkeiten in ganz Deutschland. Seine letzte Ansprache erinnert an Worte des Hiob und macht sichtbar, wie ihn an seinem Lebensende persönliche Katastrophen an der gnädigen Vorsehung Gottes zweifeln ließen.
Der Kampf des reformierten Pfarrers Anton Praetorius ist in der evangelischen Kirchengeschichte völlig in Vergessenheit geraten. Obwohl er es in seinem Leben nicht leicht hatte, hat Praetorius das bewiesen, worum wir uns heute im Kampf um mehr Menschlichkeit immer wieder bemühen sollten: Glaube und Zivilcourage.
Lebensdaten von Pfarrer Anton Praetorius
1560 im westfälischen Lippstadt als Sohn von Matthes Schulze geboren. Anton änderte seinen Namen von "Schulze" ins lateinische "Praetorius". Praetorius (von lat. „Praetor“ = Vorsteher, Oberrichter, Schulze).
1585 im Frühjahr bringt seine Frau Maria den Sohn Johannes zur Welt.
1586 Rektor der Lateinschule in Kamen.
1587 bis 1595 als Diakon in Worms und Oppenheim. Pfarrer in Dittelsheim.
1595 Im Oktober erscheint in lateinischer Sprache sein Gedicht von dem großen Fass in Heidelberg.
1596 soll Praetorius als erster reformierter Pfarrer nach Offenbach am Main wechseln in die Grafschaft Ysenburg-Büdingen, die Einführung scheitert jedoch am entschlossenen Widerstand der lutherischen Gemeinde.
1596 Im August veröffentlicht er das 14-seitige Werk "De pii magistratus officio", über des gottesfürchtigen Amtsträgers Pflicht, Recht und Amtsgewalt, zugleich ein Lobgedicht auf Wolfgang Ernst, Herr von Ysenburg, Graf von Büdingen und Birstein.
1596 stirbt Maria, die Frau von Praetorius, als er 36 Jahre alt ist. Die zweite Frau ist am 12. Tag nach dem Kirchgang an der Pest gestorben. Er verlobt sichzum dritten Mal, doch die dritte Frau stirbt drei Tage nach der Abkündigung der Hochzeit.
1596 bis 1598 wird er als fürstlicher Hofprediger nach Ysenburg-Birstein berufen.
1597 Am 8.2. heiratete er Sibylle, die Tochter des Pfarrers Pistorius aus Muschenheim/Lich.
1597 Im Mai veröffentlicht Praetorius auf Deutsch einen eigenen Katechismus und das Buch "Haußgespräch" für die christliche Familie.
1597 Am 3.7. wird Praetorius Zeuge eines Prozesses gegen vier Frauen aus Rinderbügen. Mit wütendem Protest setzt er sich für diese Frauen ein. In den Akten heißt es:
,,weil der Pfarrer alhie hefftig dawieder gewesen, das man die Weiber peinigte, alß ist es dißmahl deßhalben underlaßen worden. Da er mit großem Gestüm und Unbescheidenheit vor der Tür angericht den Herrn D. angefürdert und heftig CONTRA TORTURAM geredet."
Praetorius gelingt es, eine Frau aus der Folterkammer zu retten.
Entlassung durch Graf Wolfgang Ernst.
1598 Pfarrer in Laudenbach in der Kurpfalz. Praetorius richtet eine Armenkasse ein und einen kirchlichen Friedhof.
1598 unter dem Pseudonym seines Sohnes Johannes Scultetus veröffentlicht er das Buch: "Von Zauberey vnd Zauberern Gründlicher Bericht".
1602 fasst er in einer 2. Auflage des "Gründlichen Berichtes" den Mut, seinen eigenen Namen als Autor zu verwenden.
1603 Am 5.8. wird Praetorius in Oberwöllstadt vom Schultheiß in Arrest genommen.
1604 Am 1. Mai schreibt sich sein Sohn Johannes an der Universität in Heidelberg ein.
1605 schließt Sohn Johannes das Studium mit dem Bakkalaureat ab.
1613 stirbt Sohn Johannes im Alter von 28 Jahren.
1613 Am 15. Juni hält Praetorius eine letzte Trauung in Weinheim.
1613 erscheint die dritte Auflage seines Berichtes über Zauberey und Zauberer.
1613 Am 6.12. stirbt Praetorius im Alter von 53 Jahren in Laudenbach/Bergstrasse.
1629 erscheint die vierte Auflage seines Berichtes über Zauberey und Zauberer posthum.
Schriften von Anton Praetorius:
Praetorius, Anton: Vas Heidelbergense (über das große Heidelberger Fass), gedruckt bei Smesmanni, Heidelberg, Oktober 1595, 15 Seiten
Praetorius, Anton: De pii magistratus officio, iure, ac potestate in religione et ecclesiis ad verbi die normam reformandis. carmen elegiacum". illustri ac generoso comiti wolfgango ernesto, domino ab isenburg, comiti a budingen et burstein, ..., ab Antonio Praetorio Lippiano Westphalo, hactenus Tutelshemij Palatinae, deinceps vero Bursteinij Isenburgicae Ecclesiae Ministro. (Lobgedicht auf Wolfgang Ernst, Herr von Ysenburg, Graf von Büdingen und Birstein). Heidelberg, Druckerei des Christoph Löw, im Jahre 1596 im Monat August. 14 Seiten
Praetorius, Anton: Hauptstück (Katechismus) Christlicher Religion sampt den gemeinesten Gebetlein/ und etlichen Fragen/ Jungen und Alten vom wege der Seligkeit zu wissen nötig und gnug: Vor Kirchen und Schulen der Ober und Under Graff und Herrschafft Isenburg/ gebessert und vermehret. Getruckt zu Lich in der Graffschafft Solms/ Durch Nicolaum Erbenium. 1597. Fragment, 4 Seiten
Praetorius, Anton: Haußgespräch, darinn kurtz doch klärlich vnd gründlich begriffen wirdt, was zu wahrer Christlicher Bekanntnuß auch Gottseligem Wandel ... zu wissen von nöhten, Lich 1597. (102 Seiten, ohne Seitenangaben)
Praetorius, Anton: Gründlicher Bericht von Zauberey und Zauberern/ darinn dieser grausamen Menschen feindtseliges und schändliches Vornemen/ und wie Christlicher Obrigkeit ihnen Zubegegnen/ ihr Werck zuhindern/ auffzuheben und zu Straffen / gebüre und wol möglich sey... kurtz und ordentlich erkläret. Durch Joannem Scultetum Westphalo camensem. Gedruckt zu Lich/ in der Graffschaft Solms bey Nicolas Erbenis. 382 Seiten. 1598 (Johannes Scultetum ist ein Pseudonym für Anton Praetorius)
Praetorius, Anton: Clarissimo juris utriusque Doctori Domino Jano Grutero Sponso. Hochzeitsgedicht für Jan Gruter, Mai 1601. 1 Seite
Praetorius, Anton: Gründlicher Bericht von Zauberey und Zauberern: kurtz und ordentlich erkläret durch Antonium Praetorium, 382 Seiten, gedruckt zu Lich/ M.DC I I. 1602
Praetorius, Anton: de sacrosanctis NOVI FOEDERIS IESU CHRISTI SACRAMENTIS IN GENERE ET IN SPECIE TRACTATUS PERUTILIS, ... prodiens AB ANTONIO PRAETORIO, ECCLESIAE LIPPIANAE FILIO, JESU SERVO LAUTENBACI. 1602 LICHAE SOLMENSIUM, Excudebat Wolfgangus Kezelius in consortio CONRADI NEBENII. Drucker: Wolgangus Kezelius und Conradus Nebenius, Lich 1602, 312 Seiten.
Praetorius, Anton: Nemo Ad Desideratissimas R. Et D. I. V. D. Nicolai Emmelii, Ilvesheimensis, E. F. P. Et Lectissimae Urgns Margaretae, R. Et. C. V. D. Johannis Mylaei, Weinheimensis P. Et I. V. Filiae, Spnsrm Nuptias, 15. Iunii. 1613. [Druck:] Lancellotus Heidelberg, 1613 Einblattdruck
Praetorius, Anton: von Zauberey und Zauberern/ Gründlicher Bericht.
Kurtz und ordentlich gestellet: durch Antonium Praetorium Lippiano-Westphalum, Pfarherrn zu Lautenbach in der Bergstraß. Hiezu ist gesetzet Der Theologen zu Nürnberg gantz Christlich Bedencken/ und Warhafftig Urtheil von Zauberey und Hexenwerck. Gedruckt 1613 zu Heydelberg/ durch Johann Lancellot/ In verlegung Andreae Cambier. 313 Seiten (darin inklusive die Vorrede von 1613).
Praetorius, Anton: Vorrede zum Bericht über Zauberey und Zauberer, Heidelberg, 1613
Praetorius, Anton: Gründlicher Bericht Antonii Praetorii Lippiano-Westphali.
Von Zauberey und Zauberern/ deren Ursprung/ Unterscheid/ Vermögen und Handlungen/
Jetzo zum vierdtenmal in Truck gegeben/ sampt einem vollkommenen Register.
Getruckt 1629 zu Franckfurt am Mayn/ Durch Johann Niclas Stoltzenbergern/ In Verlag Johann Carl Unckels/ Buchhändlers daselbsten. Anno M.DC. XXIX. 174 Seiten
Wolf, Reinhard: Christliche Leichpredigt Bey der Begräbnuß deß Ehrwürdigen Wolgelehrten Herren Antonii Praetorii Lippiano-Westphali, gewesenen Pfarrers zu Laudenbach an der Bergstrassen gehalten den 8. Decembris Anno 1613 Durch Reinhardum Guolfium Lichensem, Pfarrern zu Hembspach, Druck: Heydelberg: Lancellot 1614, 22 Seiten.
Dazu sind verschiedene handschriftliche Briefe überliefert.
Hartmut Hegeler
Im Zusammenhang mit der Hexenverfolgung in der Reformationszeit wird gelegentlich mit einem Nebensatz auf den Genfer Reformator Jean Calvin verwiesen. Er soll in seinen Bibelauslegungen zur Verfolgung von Hexen aufgerufen und sich im Hexer- und Hexenprozess von Peney (1545) aktiv um ein scharfes Vorgehen der Justiz bemüht haben. Diese Vorwürfe datieren aus dem Jahr 1947 und wurden im Zusammenhang der Jubiläumsfeierlichkeiten zum 400. Todestag von Anton Praetorius (1560-1613) erneut vorgebracht.