Wichtige Marksteine
Reformierte im Spiegel der Zeit
Geschichte des Reformierten Bunds
Geschichte der Gemeinden
Geschichte der Regionen
Geschichte der Kirchen
Biografien A bis Z
(1809-1847)
Felix Mendelssohn Bartholdy stammte aus einer wohlhabenden bürgerlichen jüdischen Familie. Sein Großvater war der bedeutende Philosoph Moses Mendelssohn (1729–1786). Sein Vater Abraham (1776–1835) war in hoher Position in der Bank seines Bruders. Die Mutter Lea, geborene Salomon (1777–1842), stammte aus einer Fabrikantenfamilie. Nach der Heirat 1804 zogen Abraham und Lea Mendelssohn von Berlin nach Hamburg. Dort wurden 1805 Fanny, 1809 Felix, 1811 Rebecca und 1812 Paul geboren.
Alle Kinder der Mendelssohns wurden christlich erzogen und am 21. März 1816 von Johann Jakob Stegemann, dem Pfarrer der Reformierten Gemeinde der Berliner Jerusalemskirche in einer Haustaufe reformiert getauft. Bei dieser Gelegenheit erhielt Felix seine Taufnamen Jakob und Ludwig. Darüber hinaus wurde dem Familiennamen der „christliche“ Name Bartholdy beigefügt. Die Eltern Abraham und Lea selbst konvertierten erst 1822 zum Christentum.
Eine noch engere Bindung zur reformierten Konfession ergab sich für Felix Mendelssohn Bartholdy später: Der Vater seiner Frau Cécile Charlotte Sophie, geborene Jeanrenaud, war Prediger an der Französisch-reformierten Kirche in Frankfurt am Mai, starb allerdings schon früh. Cécile und Felix lernten sich 1836 in der Frankfurter Gemeinde kennen, als der junge Musiker dort vertretungsweise die Leitung des Cäcilien-Chors innehatte. Das Paar verlobte sich am 9. September 1836 im Haus der Jeanrenauds. Am 28. März 1837 fand die Trauung in der Französisch-reformierten Kirche statt. Felix Mendelssohn Bartholdy entwickelte im Laufe der Jahre eine enge Verbindung zu Céciles Familie.
Marie Durand
(1711-1776)
Marie Durand wurde 1711 in einem reformierten Elternhaus in Bouschet-de-Pranles, einem kleinen Ort in der Ardèche, geboren. Bereits in jungen Jahren litt sie unter der Verfolgung der Reformierten in Frankreich nach der Aufhebung des Ediktes von Nantes (1685). Bei einer von ihrem Vater organisierten heimlichen Versammlung der Reformierten wurde ihre Mutter, Claudine Durand, verhaftet. Sie starb 1719 im Gefängnis.
Maries Vater, Etienne Durand, wurde 1729 bei einer Hausdurchsuchung verhaftet. Nach 14 Jahren Haft wurde er begnadet und kehrte 1743 nach Bouschet-de-Pranles zurück. Dort starb er 1749 im Alter von 92 Jahren. Marie Durands älterer Bruder, Pierre Durand, geboren 1700, war ein mitreißender Prediger der "Kirche in der Wüste". Nach einem Verrat wurde er 1732 gefasst und hingerichtet.
Vom Schicksal ihres Bruders erfuhr Marie Durand im Frauengefängnis von Aigues-Mortes. Bereits 1730 waren sie und ihr Ehemann Mathieu Serres verhaftet worden. Unter der Bedingung, Frankreich zu verlassen, wurde Serres 1750 begnadigt. Durand blieb Gefangene in der Tour de Constance (Turm der Standhaftigkeit), unbeugsam in ihrem Glauben. Zu Beginn ihrer Haft weigerte sie sich, ihren Bruder Pierre zu verraten. Falls dieser sich stellte, so war ihr versprochen, werde sie freigelassen. Daraufhin schrieb Durand ihrem Bruder, er solle auf keinen Fall wegen ihr sein Amt aufgeben.
Unter den Menschen unwürdigen Haftbedingungen in dem Gefängnisturm war Marie Durand "Seelsorgerin" ihrer Mitgefangenen. Sie stärkte die bis aufs Skelett abgemagerten Frauen, am reformierten Glauben festzuhalten und nicht den Weg in die St. Ludwigskapelle anzutreten, um diesem abzuschwören. Zahlreiche, zum Teil bis heute erhaltene Briefe sandte Marie Durand aus der Gefangenschaft an Gemeinden im In- und Ausland und machte sie auf das Los der Verfolgten aufmerksam. In einem Brief an Justine Pechaire vom 21. Mai 1740 schreibt sie:
"Erlauben Sie mir, Ihnen mitzuteilen, dass es mich nicht überrascht, wie schrecklich Gott die Gläubigen unserer geplagten Region die Rute spüren lässt, denn sie folgen den Anordnungen des göttlichen Meisters nicht. Er mahnt, die Gefangenen zu pflegen, und sie tun nichts dergleichen. Die Liebe ist das Grundprinzip unseres Glaubens, und sie halten sich nicht daran. Kurz, es scheint, als lebten wir in der Endzeit, denn diese göttliche Tugend ist sehr erkaltet. Die wahren Christen [gemeint sind die Reformierten] werden nicht verdammt werden, weil sie die Reinheit des Evangeliums aufgegeben haben, sie bekennen sich ja ständig zu ihr. Sie werden es aber, weil sie nicht Christus in den Gefängnissen besucht haben – in Gestalt ihrer Gemeindeglieder."
Nach 38 Jahren Haft wurde Marie Durand aus dem Gefängnis entlassen und kehrte am 14. April 1768 zurück in ihren Heimatort. Eingeritzt in den Brunnenrand des Gefängnisses ist das Wort "RESISTEZ" – von Marie Durand gelebt.
Literatur:
- Meuth, Jörg, Marie Durand, in: Die Reformierten. Suchbilder einer Identität, hrsg. von Matthias Krieg und Gabrielle Zangger-Derron, Zürich 2002, 174-176
Barbara Schenck