Konsultation zum Heidelberger Katechismus in Ungarn

Unterschiedliche Traditionen prallen aufeinander und finden Gemeinsamkeiten

Die Donau-Kirchen-Konferenz der reformierten Kirchen in Mittel- und Osteuropa beschäftigte sich mit den verschiedenen Wirkungsgeschichten des Katechismus und seiner momentanen Bedeutung im kirchlichen Leben.

Etwa zwanzig Personen aus zehn verschiedenen Ländern haben sich im Oktober in Berekfürdö in Ungarn drei Tage lang mit der Bedeutung des Heidelberger Katechismus von 1563 für unsere Zeit beschäftigt. Sie wollten „Den Heidelberger Katechismus neu entdecken.“ Die Tagung weitete den Blick der Teilnehmer für die reformierten Kirchen in Polen, der Ukraine, der Slowakei, in Tschechien, Kroatien, Rumänien, Ungarn, Österreich, Italien oder Deutschland.

Die Theologie des Heidelberger war erstes Thema. Matthias Freudenberg aus Saarbrücken stellte die Christologie des Heidelberger in den Mittelpunkt. Der Katechismus beschreibt den einzelnen Christen und die Kirche von Christus her. Er spricht die Menschen persönlich an auf ihr eigenes Leben. Freudenberg entfaltete den prophetischen, priesterlichen und königlichen Dienst der Kirche.

„Selbstkritik nach innen und Wachsamkeit nach außen sind Kennzeichen einer politisch und sozial engagierten Kirche… Die Kirche lebt von der Vergebung und nimmt teil an Jesu Christi Dienst, an seiner liebenden Hinwendung zu den Menschen und an seinem Gebet für die Welt… Die christologische Bestimmung der Kirche ist in Zeiten, in denen nicht selten Tendenzen zur klerikalen Hochrüstung und Selbstbezogenheit wahrzunehmen sind, eine wichtige reformierte Erinnerung.“

Diskutiert wurde auch die mindestens für Ungarn enge Bindung von Nation und Glaube wie sie vielleicht nur in den Niederlanden im Kampf gegen das katholische Spanien bestanden hat. In immer mehr reformierten Kirchen in Ungarn hängt die Nationalfahne – für Deutschland völlig undenkbar, in den USA dafür durchaus üblich.

Für alle bewegend war die Schilderung aus der Ukraine, wie dort bis an die 1990er Jahre der Katechismus in den Familien per Hand abgeschrieben und gelehrt wurde. Für die reformierte Ukraine ist der Katechismus bis heute ein wichtiges Lehrbuch, das auch Außenstehende anzieht.

Die Frage achtzig des Heidelberger verurteilt die katholische Eucharistie mit scharfen Worten. Sie ist die einzige „politische“ Antwort im Katechismus – und erst in der zweiten Auflage auf Drängen des Kurfürsten eingefügt worden. Seit einigen Jahrzehnten heißt es dazu in einer Fußnote etwa vom Reformierten Bund in Deutschland: „Diese Verwerfung wurde vor 400 Jahren formuliert; sie lässt sich nach Inhalt und Sprache in dieser Form nicht aufrecht erhalten.“ Die „vermaledeite Abgötterei“ war in den ehemaligen sozialistischen Ländern auf staatlichen Druck jahrzehntelang gestrichen. In Ungarn gibt es über diese zwei Worte heute heftige Diskussionen. Die Worte „christliche Erziehung / Schulen“ in Antwort 103 waren ebenfalls staatlich gestrichen.

Bischof Prof. Dr. Gusztáv Bölcskei berichtete der Gruppe am zweiten Tag in Debrecen, dass der vollständige Text von Frage 80 in Zukunft wieder aufgenommen wird, aber auch eine neue ungarische Übersetzung des gesamten Heidelberger beschlossen wurde. Es kommen ebenfalls neue Übersetzungen auf Slowakisch, Serbisch, Kroatisch und Rumänisch. Im Gespräch mit dem Bischof ging es vor allem um die manchmal mühsamen Fragen der Ökumene. Debrecen mit seiner Großkirche und dem Kollegium mit seiner langen Geschichte war für die meisten Teilnehmer beeindruckend.

Dieser zweite Tag der Konsultation war der Ethik des Heidelberger gewidmet. Árpád Ferencz, Oberassistent an der Theologischen Fakultät in Debrecen, suchte Richtlinien für die moralische Urteilsbildung. Die Ethik des Heidelberger gründet in der Gotteslehre und der Christologie. Diese Ethik hat eine eschatologische Ausrichtung und findet sich vor allem im Teil von der Dankbarkeit bei der Auslegung der Gebote. Gute Werke sind nach HK 91 „allein solche, die aus wahrem Glauben… Gott zur Ehre geschehen“. Der Referent sprach vom Gehorsam, die Versammlung fragte nach der Freiheit. „Freiheit ist Verantwortlichkeit“ hieß es, oder „Die einzige gute Tat des Menschen ist der Glaube, und selbst der ist das Geschenk Gottes“. Es ist leicht, Verbote zu benennen, aber schwerer zu erklären, was Gott denn positiv gebietet. Ein christologisches Nachdenken über ethische Fragen wurde angemahnt: Wenn Christus etwa nach HK 37 „unseren Leib und unsere Seele von der ewigen Verdammnis erlöst“ hat, welche Folgen hat das dann für unser Leben und Denken?

Am dritten Tag beschäftigte Martin Filitz aus Halle sich mit dem Katechismus als Glaubens- und Lehrbuch der Gemeinde. „Es geht nicht darum, was wir über Gott denken… Es geht darum, dass ich in Beziehung zu Gott bin und bleiben werde.“ Der Katechismus regt zu aktuellem Bekennen an. Er kann unser eigenes Bekennen nicht ersetzen. Die Ethik der Dankbarkeit ist kein theologischer Besitz. Freiheit gibt es nicht ohne Auseinandersetzung mit dem, was unfrei macht. Der Katechismus ist ein theologischer Orientierungsrahmen, so Filitz. In der Diskussion sah man Parallelen zwischen dem Text des Katechismus und dem der Psalmen. In beiden kommt das gebrochene und getröstete „Ich“ zur Sprache.

Die Tagung war hervorragend vorbereitet von Endre Iszlai aus Debrecen. Als junger Pfarrer arbeitet er als Theologiereferent der Kirche und ist Missionspfarrer in Debrecen. Trotz unterschiedlicher Herkunft waren alle Teilnehmer sich über die großen Chancen für den Heidelberger Katechismus einig. Sie feierten zum Abschluss einen Gottesdienst in deutscher, italienischer, kroatischer, slowakischer und ungarischer Sprache.

Für die Evangelisch-reformierte Kirche nahmen Pfarrer Joachim Metten, Herbishofen, Pfarrer Bernd Roters, Veldhausen und der Verfasser teil.

 


Gerrit Jan Beuker, Pfarrer in Laar

GEKE focus 8 (04/2009)

Die Hauszeitschrift der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa
Halbzeit für Europas Evangelische - Ecclesia semper reformanda - La coordination des églises avant le SIDA 2010 - Berliner Bibelwoche 2010 - Neu in der Wiener Geschäftsstelle - Das heiße Eisen im ökumenischen Dialog

United Church of Christ: Kritik an der Aufstockung von US-Truppen in Afghanistan

Rev. Geoffrey A. Black: ''Many are concerned that a strategy relying so heavily on military escalation will not achieve the lasting peace that we are called to seek''
Rev. Geoffrey A. Black, Präsident der United Church of Christ (UCC) hat die geplante Aufstockung der US-Streitkräfte am Hindukusch um 30.000 Soldaten kritisiert. Black forderte einen Strategiewechsel von'''winning the war' to 'finishing the job''' und mehr Anstrengungen darin, die Wurzel von Gewalt, Korruption, Armut und Ungerechtigkeit und zu bekämpfen.

Barbara Schenck
Die Südafrikabeauftragte der Lippischen Landeskirche, Stefanie Rieke-Kochsiek, ist seit September als Pfarrerin in der Gemeinde Melodi-ya-Tshwane tätig und lehrt am Northern Theological Seminary in Pretoria. Mit ihrem Ehemann, dem Arzt Dr. Uli Kochsiek, und ihren beiden Kinder Marius und Onalenna wird sie drei Jahre lang in Südafrika leben und arbeiten. Für reformiert-info berichtet Stefanie Rieke-Kochsiek von ihren ersten Eindrücken aus der Hauptstadt Südafrikas.

Stefanie Rieke-Kochsiek, Pretoria, 20. November 2009

Schweiz: Minarett-Verbot belastet den gesellschaftlichen Zusammenhalt

Thomas Wipf: Recht auf freie Ausübung des Glaubens darf nicht aufgegeben werden
Das Minarett-Verbot löst keine Probleme, sondern wird neue schaffen. Gegenseitiger Respekt ist Voraussetzung für gelingende Integration und gesellschaftlichen Zusammenhalt.

ARD-Meldung über Ausgang der Volksabstimmung in der Schweiz
Wien (epdÖ) In der Debatte um Kreuze an öffentlichen Orten hat der evangelische Oberkirchenrat H.B. am Dienstag, 17. November, eine Stellungnahme veröffentlicht. Darin verwehrt sich das evangelisch-reformierte Leitungsgremium ''gegen jegliche Vereinnahmung seitens der Kreuz-Befürworter''.

Setri Nyomi beim Festkonzert zur Ehre Calvins in Budapest

Calvin prägte in Europa besonders Theologie und Kirche im Karpaten-Becken
(Budapest) – Am Abend des 9. November 2009 hat ein Festkonzert im Palast der Künste in Budapest stattgefunden. Die Festhalle war überfüllt. Der Generalsekretär des Reformierten Weltbundes (Genf), Pfarrer Setri Nyomi war als Ehrgast mit dabei. In seinem Grußwort sagte er: „Ungarn hat eine wunderbare Zukunft”. Er verwies auf den 22. Mai 2009, als in Debrecen eine gemeinsame Verfassung der ungarsprachigen Reformierten verabschiedet und in Kraft gesetzt wurde. Damit entstand die Grenzen grenzübergreifende Ungarisch-Reformierte Kirche.

Reformierter Weltbund: Georges-Lombard-Preis geht an Eun Young Hwang

Korean student wins Lombard Prize for study of Calvin and ecology
A Korean theology student has won the 2009 Lombard Prize for his study of the implications of John Calvin’s theology for the current ecological and economic crisis.

Meldung des Reformierten Weltbundes (WARC), www.warc.jalb.de

SEK: Thomas Wipf für einen Grundkonsens der Religionen

''Die Religionen sollten anerkennen, dass unser Staat auf dem Recht beruht und nicht auf dem Bekenntnis zu einer bestimmten Religion''
Es braucht einen verbindlichen „Grundkonsens über die Voraussetzungen des Zusammenlebens“ zwischen den Religionen, so SEK-Ratspräsident Thomas Wipf während der Abgeordnetenversammlung des Kirchenbundes.

Medienmitteilung des Schweizerischen Evangelischen Kirchenbunds (SEK), Bern, 2. November 2009

Calvin als Ökumeniker in und für Europa

Thomas Wipf über die Perspektive der Reformation der Flüchtlinge und die Vision einer Gemeinschaft mit Christus, aufs Engste verknüpft mit der Gemeinschaft in Europa und weltweit

Barbara Schenck
Clifton Kirkpatrick, Präsident des Reformierten Weltbundes, nannte in seiner Predigt Lewis S. Mudge ''the leading ecumenist in the Presbyterian Church (U.S.A.)''.

Barbara Schenck
<< < 251 - 260 (260)