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Ein Glaube, der mit der weltweiten Christenheit auf den wiederkommenden Herrn hofft, widersetzt sich populistischen Heilsversprechen und nationalen Drohgebärden.
Leitsatz IV der Friedenserklärung des Reformierten Bundes
Neben dem Freund-Feind-Denken wird aktuell in Europa und weltweit ein zunehmender demagogischer Populismus wirksam. Beispiele sind in Europa die Brexit-Abstimmung in Großbritannien, der Umbau der Türkei zum Präsidialsystem, die Staatskrise in Polen sowie rechtspopulistische Wahlerfolge in Ungarn, Österreich, Frankreich, Niederlande, Deutschland, Schweden u.a. Der demagogische Populismus ist vielfach mit einem neuen Nationalismus verknüpft. D. h., die eigene Nation wird überhöht; die Suche nach nationaler Identität erfolgt in der Ablehnung einer ‚offenen Gesellschaft‘ sowie in der Ausgrenzung anderer.
In Letzterem kommt eine „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ (Wilhelm Heitmeyer) zum Ausdruck, die die Ungleichwertigkeit von Einzelnen und Gruppen behauptet und dadurch diskriminierende Maßnahmen rechtfertigt. Neben Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und der Abwertung von Menschen, die Asylsuchen, gehört dazu auch die Abwertung von Menschen mit anderen religiösen Zugehörigkeiten (z. B. Antijudaismus sowie Islam und Christentumsfeindlichkeit).
Der Rechtspopulismus bedient sich dabei gezielter Tabubrüche; auch Falschmeldungen und Gerüchte kommen in den sozialen Medien verstärkt zum Einsatz. Das Erfolgsrezept rechtsnationalistischer Parteien liegt darin, dass sie in der Bevölkerung diffuse Ängste schüren vor ‚Überfremdung‘ und Statusverlust in einer globalisierten Welt. Es wird die Überzeugung verbreitet, die angestammten Nationalstaaten wären die Antwort auf die neuen weltpolitischen, wirtschaftlichen und technologischen Realitäten des 21. Jahrhunderts. Zugleich gaukeln rechte Parteien simple Lösungen vor und greifen zu unseriösen politischen ‚Heilsversprechen‘: „Wir kümmern uns um Eure Sorgen.“
In diesem Sinne forcieren sie das Thema ‚Innere Sicherheit‘ und setzen die etablierten Parteien unter Druck. Diese reagieren, indem sie nun ihrerseits z. B. verstärkt auf Flüchtlingsabwehr mit polizeilichen und militärischen Mitteln setzen. Die etablierten Parteien tun sich schwer, dem Neonationalismus etwas entgegenzusetzen; sie haben „Angst vor der Angst der Leute“ (Heinz Bude). Besonders der Ausgang der US-Präsidentschaftswahlen zeigt die verheerenden Auswirkungen eines demagogischen Populismus: Nach dem Wahlerfolg ignoriert die neue US-Regierung demokratische Grundwerte wie Gewaltenteilung, Folterverbot, Presse- und Religionsfreiheit. Wichtige politische Weichenstellungen werden infrage gestellt wie Klimaschutz und Gesundheitsversorgung. Stattdessen setzt die neue Regierung auf Protektionismus und Markt-Abschottung. Sie plant die Erhöhung der Rüstungsausgaben und schreckt selbst vor völkerrechtswidrigen Militäraktionen nicht zurück (wie z.B. dem Vergeltungsschlag in Syrien vom April 2017). Damit provoziert die US-Regierung neue Handels- und Militärkonflikte. Zudem treibt sie mit ihrer Politik die Krise und Spaltung der USA weiter voran.
Wir dagegen warnen vor populistischen Heilsversprechen und nationalen Drohgebärden. Unser Glaube gründet sich vielmehr in dem Kommen Jesu Christi, das schon jetzt durch seinen Geist – trotz und inmitten unserer Beklommenheit – präsent ist und uns auf den Weg des Friedens führt. Und wie bereits 1982 betont richtet sich unsere „Hoffnung auf den wiederkommenden Herrn“ (These VII). Wie auch immer die weiteren politischen Entwicklungen sein mögen, der entscheidende Kurs der Geschichte ist durch das Kommen unseres Herrn bestimmt. 1950 schloss Gustav Heinemann den Evangelischen Kirchentag in Essen mit den Worten: „Unsere Freiheit wurde durch den Tod des Sohnes Gottes teuer erkauft. Niemand kann uns in neue Fesseln schlagen, denn Gottes Sohn ist auferstanden. Lasst uns der Welt antworten, wenn sie uns furchtsam machen will: Eure Herren gehen – unser Herr aber kommt!“5
Zudem sind wir als Christinnen und Christen bezogen auf die weltweite Christenheit (Ökumene) und verantwortlich für die eine Menschheit – daher protestieren wir gegen jede nationalistische Engführung. Wir hören indes durchaus den Vorwurf an Europa bzw. die Europäische Union, den Sozialstaat nicht genug gegen Konzerne, Markt und Globalisierung zu verteidigen. Die seit Jahren andauernde Wirtschafts- und Schuldenkrise in manchem europäischen Land hat in der Tat viele Verlierer und Verliererinnen hervorgebracht. Bei manchen ist die Überzeugung gewachsen, für die Krise bezahlten die Falschen. Die hinter dem Neonationalismus stehenden Sorgen und Ängste der Menschen nehmen wir ernst, deren Verzweckung für rechtspopulistische Ideologien lehnen wir entschieden ab.
Bei aller Kritik an der Europäischen Union darf nicht verkannt werden, dass es sich um eines der erfolgreichsten Friedensprojekte in der Geschichte handelt. Die Errungenschaften des Europäischen Einigungsprojektes dürfen allein schon im Friedensinteresse nicht aufs Spiel gesetzt werden. Friede will auch in Europa als ‚gerechter Frieden‘ Gestalt gewinnen, so dass im Sinne der biblischen Botschaft gilt: „Frieden und Gerechtigkeit küssen sich“ (Ps 85,11). Die Friedenserklärung von 1982 hat damals auf Jes 32,17 verwiesen: „Das Werk der Gerechtigkeit wird Friede sein und die Frucht des Rechtes Sicherheit auf ewig“ (Erläuterung zu These IV).
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Der Reformierte Bund hat 2017 einen Zwischenruf zur Friedensverantwortung der Kirche veröffentlicht. Frieden sehen wir als zentrale Verheißung unserer Kirche. Am Frieden wollen wir kontinuierlich arbeiten.