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Jesus, Paulus und das Reich Gottes
Predigt zu Röm 14,17

Liebe Gemeinde,
Jesus und Paulus – gerne werden diese beiden Figuren gegeneinander ausgespielt. Meistens zu Lasten von Paulus. Manche verdrehen schon die Augen, wenn am Sonntag der Predigttext aus einem der Paulusbriefe stammt: „Viel zu abstrakt und kompliziert“, heißt es dann nicht selten. „Was Paulus nur immer will mit der Rede von der Gerechtigkeit Gottes?“, wird ergänzt. Und der oder die Predigende hat dann ihre liebe Mühe und Not, gegen einen Haufen Vorurteile anzupredigen und / oder diese zu zerstreuen.
Ich kenne auch nicht wenige Menschen, für die beginnt der Abstieg des Christentums mit Paulus. Im Ohr habe ich noch das Votum eines römisch-katholischen Kollegen, dessen Namen ich allerdings nicht nennen möchte: Die Weisheitsliteratur aus der Hebräischen Bibel plus die Jesus-Botschaft bei den Synoptikern – die seien akzeptabel und damit könne man auch heute noch etwas anfangen, aber der Rest sei unbrauchbar, weil problematisch und distanzierungswürdig. Manche spitzen die Christentumsgeschichte gar auf die Alternative Jesus oder Paulus zu und sehen einen Grundkonflikt zwischen den Anhängern Jesu und dem Apostel Paulus gegeben.1
Soweit weit würden wir vielleicht nicht gehen wollen, aber ist an einer leichten Paulusaversion nicht etwas dran? Zugegeben, die Großen der Theologiegeschichte waren alle „Pauliner“. Denken wir nur an Martin Luther, für den es ohne Paulus natürlich keine reformatorische Entdeckung gegeben hätte. Oder denken wir an Karl Barth, dessen sog. „Dialektische Theologie“ mit der Auslegung des Römerbriefes startete.
Doch die Reich-Gottes-Botschaft Jesu hat es in der Regel leichter als die Botschaft des Paulus, Gehör zu finden. Wer von uns mag etwa die so anschaulichen Reich Gottes-Gleichnisse nicht? „Die Gleichnisse Jesu bringen die Gottesherrschaft als Gleichnis zu Sprache“2, darin besteht ihre einzigartige sprachliche Kraft. Ich denke dabei besonders an die sog. „Wachstumsgleichnisse“, etwa das vom Senfkorn: „Und er [Jesus] sprach: Womit wollen wir das Reich Gottes vergleichen, und durch welches Gleichnis wollen wir es abbilden?
Es ist wie mit einem Senfkorn: Wenn das gesät wird aufs Land, so ist’s das kleinste unter allen Samenkörnern auf Erden; und wenn es gesät ist, so geht es auf und wird größer als alle Kräuter und treibt große Zweige, sodass die Vögel unter dem Himmel unter seinem Schatten wohnen können“ (Mk 4,30–32 par). Oder wer mag nicht das nicht weniger anschauliche Gleichnis „Vom Sauerteig“: „Ein anderes Gleichnis sagte er [Jesus] ihnen: Das Himmelreich gleicht einem Sauerteig, den eine Frau nahm und unter drei Scheffel Mehl mengte, bis es ganz durchsäuert war“ (Mt 13,33; vgl. Lk 13,21).
Auch die so menschenfreundlichen Gleichnisse vom Wiederfinden des Verlorenen, wie sie der Evangelist Lukas im Kap. 15 seines Evangeliums als Gleichnis vom verlorenen Schaf, vom verlorenen Groschen oder vom verlorenen Sohn erzählt, mögen wir zumeist. Denn wir alle kennen solche oder ähnliche beglückenden Phänomene wie Wachstum oder das Wiederfinden von vermeintlich Verlorenem aus dem eigenen Haushalt, dem eigenen Garten (wenn es wächst, grünt und blüht), der eigenen Familie und wir freuen uns und staunen vielleicht, wie es Jesus gelingt, von Jenseitig-Abstraktem so anschaulich und volkstümlich zu reden.3
Jedes dieser Gleichnisse – ein gelungenes Beispiel des didaktischen Bemühens Jesu, das Reich Gottes als zentrales Thema seiner Verkündigung anschaulich zu machen? Paulus dagegen, wenn er uns kommt mit der Rede von der Gerechtigkeit Gottes, mit seinem Fokus auf den Kreuzestod Jesu, dann ist uns das weitaus weniger eingängig und wir haben größte Mühe, uns darauf theologisch einen Reim zu machen. Also: Jesus oder Paulus? Diese Wahl scheint gelaufen zu sein. Denn es dürfte sich um keine echte Wahl, um keine wirkliche Alternative handeln. Denn: wer würde schon für Paulus stimmen?
Ja, in der Tat, es handelt sich um keine echte Wahl. Aber noch aus einem ganz anderen Grund als dem unserer Parteilichkeit oder Voreingenommenheit zugunsten der Reich Gottes-Verkündigung Jesu und zu Ungunsten des Apostels Paulus und seiner Botschaft. Hier kommt nun unser Predigttext ins Spiel. Er hat entlarvenden Charakter, denn er deckt den Scheinwiderspruch zwischen Jesus und Paulus auf. Denn hier tut Paulus genau das, was wohl die wenigstens von uns erwartet und ihm zugetraut hätten: Er greift ausgerechnet den Zentralbegriff der Verkündigung Jesu auf – den des Reiches Gottes: „Denn das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken, sondern Gerechtigkeit und Friede und Freude im Heiligen Geist.“ Hier „bringt der Apostel – gewissermaßen beiläufig – eine Formulierung, die die Hauptakzente der biblischen Botschaft vom Reiche Gottes prägnant zusammenfasst.“4
Wir sehen also: Nicht nur bei Jesus und in seiner Verkündigung, nicht nur bei den Synoptikern spielt das Reich Gottes eine wichtige Rolle, sondern auch bei Paulus. Bei ihm taucht der Begriff des Reiches Gottes zwar relativ selten auf,5 aber wenn er ihn gebraucht, dann in zentralen Zusammenhängen.6 Das Reich Gottes bildet für Paulus den Raum, in dem das Heil Gottes erfahrbar ist.7 Entscheidend ist vor allem, dass Paulus den Reich Gottes-Begriff, wie er für Jesu Verkündigung charakteristisch ist, durch den für ihn im Römerbrief zentralen Begriff der Gerechtigkeit Gottes (dikaiosunē theou) interpretiert.8
„[D]as Leben im Reich Gottes ist volles Miteinander ohne jedes Gegeneinander“9, ein solches Miteinander, das für Paulus schlechthin gerecht und friedlich zugleich ist, zudem noch mit Freude im Heiligen Geist verknüpft. Das heißt aber, dass sich Reich Gottes und Gerechtigkeit ebenso wenig gegeneinander ausspielen lassen wie Jesus und Paulus. Unser Predigttext ist deshalb so bedeutsam, weil er diese falsche Alternative überwindet und uns von dem vermeintlichen Zwang befreit, uns für Jesus oder Paulus – und das hätte zumeist geheißen: gegen Paulus – zu entscheiden.10
Doch wie lautet nun die Botschaft des Apostels Paulus vom Reich Gottes? Wie wird sie inhaltlich konturiert? In unserem Predigttext liefert Paulus eine Gegenüberstellung von „Essen und Trinken“ auf der einen und von dem Dreiklang aus „Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist“ auf der anderen Seite. „Essen und Trinken“ beziehen sich in diesem Text offenbar auf den Verzicht des Verzehrs von bestimmten Speisen und Getränken (Fleisch- und Weingenuss). Es gab wohl „Schwache“ in der Gemeinde von Rom, die der Meinung waren, dass ein solcher Verzicht auf Unreines zu üben sei, da er mit dem Reich Gottes nicht vereinbar wäre.11 Andere, Paulus nennt sie die sog. „Starken“, hielten dies für gesetzlich und nicht angezeigt. Sie sahen keinen Widerspruch zwischen dem Verzehr entsprechender Speisen und dem Reich Gottes. Paulus fordert Rücksicht auf die „Schwachen“, hält aber grundsätzlich fest: „Das Reich Gottes ist nicht Essen und Trinken“.
Ungleich interessanter noch als die Negativbestimmung, was das Reich Gottes nicht sei, ist die positive Bestimmung, eben besagter Dreiklang aus „Gerechtigkeit, Frieden und Freude im Heiligen Geist“. Es handelt sich dabei um „eine äußerst präzise, treffende Zusammenfassung der biblischen Botschaft vom Reich Gottes“.12 In theologischer Fachsprache lässt sich festhalten: „Der Dreiklang von Gerechtigkeit, Friede und Freude ist das Leitmotiv in der Polyphonie des Reiches Gottes. Es soll auch unser Gebet und unser Tun in der Perspektive des Reiches Gottes prägen – und zwar nicht in Vereinzelung der Stimmen, im willkürlichen Herausgreifen des einen oder anderen Motivs, sondern in ihrer Wechselseitigkeit (‚Perichorese‘), im gegenseitigen Durchdringen.“13 So wie Gott in sich die „trinitarische Gemeinschaft gegenseitigen Andersseins“14 ist, in der sich Vater, Sohn und Heiliger Geist wechselseitig durchdringen, so sollen auch Gerechtigkeit, Frieden und Freude wechselseitig eine Einheit bilden, sich durchdringen und ergänzen, ohne dabei zu verschmelzen. Die Perichorese, die Gott im Himmel bildet, soll sich gewissermaßen auf Erden wiederholen.
Wehe also dem, der hier isoliert. Wehe der Gerechtigkeit, die sich von Frieden und Freude abkapselt. Wehe dem Frieden, der Gerechtigkeit und Freude keinen Raum gibt. Wehe der Freude, die meint, ohne Gerechtigkeit und Frieden auszukommen zu können. Spielen wir es einmal durch, was passieren würde, wenn wir hier separieren würden: Was wäre Gerechtigkeit ohne Frieden und Freude? Es wäre eine radikal überhitzte Gerechtigkeit. Es wäre die Gerechtigkeit mit der Jakobinermütze auf dem Kopf. Nicht wahr, zur Zeit der Französischen Revolution wollte auch der unbestechliche Maximilien de Robespierre Gerechtigkeit, aber er ließ für sie die Guillotine arbeiten. In bester, in allerbester Absicht wurde in Paris eine Schreckensherrschaft mit Terror und blutigster Gewalt etabliert, die Köpfe rollen ließ – das alles im Namen der Gerechtigkeit.
Eine solche blutige Gerechtigkeit wäre eine Gerechtigkeit ohne Frieden und Freude. Oder, fragen wir weiter: Was wäre ein Frieden ohne Gerechtigkeit und Freude? Er wäre ein kalter Frieden, in dem zwar die Waffen schweigen mögen, der aber auf Unrecht und Kälte basiert und keinerlei Freude aufkommen lässt.15 Denken wir an Hitler. Auch er wollte Frieden nach dem Krieg, aber eben als jene Pax Germanica, in der es keine Juden, keine Kirche und keine politisch Andersdenkenden mehr gibt, sondern nur noch die Ideologie eines vollständig verblendeten Rassenwahns herrscht. Das also, ein solch unmenschlich-kalter Frieden wäre ein Frieden ohne Gerechtigkeit und Freude.
Bereits das Alten Testament tut gut daran, Gerechtigkeit und Frieden in einen „integrativen Zusammenhang“16 zu stellen: „Gerechtigkeit und Frieden küssen sich“, heißt es in Ps 85,11. Und nun kommt in unserem Predigttext bei Paulus zu Gerechtigkeit und Frieden noch die „Freude“17 hinzu.18 Auch hier wird die enge Verbindung zur Reich Gottes-Botschaft der Evangelien anschaulich, denn das Reich Gottes bildet ja dort den „Inbegriff der Freude: Die Hochzeit, das Festmahl, die Ernte“19, das sind die einschlägigen Metaphern des Reiches Gottes. „Für die neutestamentliche Gemeinde jedenfalls war die Botschaft vom Nahen des Reiches Gottes ein unbedingter Grund zur Freude.“20 „Freuet euch in dem Herrn allwege, und abermals sage ich: Freuet euch! […] Der Herr ist nahe“ (Phil 4,4f.) – so ruft es der Apostel Paulus der Gemeinde in Philippi zu.
Doch es steht noch ein letztes aus. Wir fragen erneut: Was wäre eine Freude ohne Frieden und Gerechtigkeit? Da, wo die Freude aus dem Gepräge von Frieden und Gerechtigkeit gelöst wird, wird sie zum ultimativen Rausch:
Freude, schöner Götterfunken,
Tochter aus Elisium,
Wir betreten feuertrunken,
Himmlische, dein Heiligtum.
Deine Zauber binden wieder,
Was die Mode streng geteilt,
Alle Menschen werden Brüder,
Wo dein sanfter Flügel weilt.
Wenn sie mich fragen, so gehören diese Zeilen aus Friedrich Schillers „Ode an die Freude“ (1785) zu den ästhetisch wohl schönsten Zeilen, die jemals in deutscher Sprache gereimt wurden. Nicht umsonst hat Ludwig van Beethoven21 sie in seiner 9. Sinfonie vertont. Und doch sind diese Zeilen merkwürdig rauschhaft entrückt. Wir mögen uns berauschen, wie wir wollen: trinken, rauchen oder spritzen, was wir wollen, es ändert doch nichts daran: Wir sind noch nicht im Himmel – noch nicht entrückt, noch nicht entzückt, noch nicht beglückt. Nein, die Welt schlägt uns oft mit einer Kälte entgegen, die uns erfrieren lässt. Der österreichische Schriftsteller Thomas Bernhard hat die Diagnose erstellt: „Jeder Mensch braucht Mäntel, weil er sonst im Winter erfriert, und die Welt ist eine Art Winter.“22
Wir fühlen uns, auch und gerade als Christen, oft allein gelassen in dieser Welt; ein wenig so wie Hänsel und Gretel, ausgesetzt und alleingelassen von den Eltern im dunklen Wald, so dass wir uns verlaufen müssen; alleingelassen und mit bösen Hexen und ähnlich Beängstigendem konfrontiert, alleingelassen und der tödlichen Verlockung des Pfefferkuchenhäuschen ausgesetzt: „Knusper, knupser, knäuschen, wer knuspert an meinem Häuschen?“ Nicht wahr: Diese Welt kommt uns bisweilen vor wie die Welt von Hänsel und Gretel, als eine Welt von Kindsmord, Kannibalismus und bösen Stiefmüttern. In ihr werden wir mit unseren Urängsten konfrontiert.
Das tröstliche nun, dass uns der Apostel Paulus zusagt, ist, dass diese Welt nicht heillos, sondern Teil des Reiches Gottes ist, genauer gesagt: dass diese Welt dem kommenden Reiche Gottes entgegengeht. Und mehr noch: Gott überlässt diese Welt nicht sich selbst und er überlässt auch uns Christen nicht uns selbst und unseren Ängsten. Gott lässt uns nicht Mutterseelen allein auf dieser Welt zurück, sondern sendet uns seinen Geist, der – wie Zinzendorf sagt – sein „Mutteramt“23 wahrnimmt, indem er uns tröstet, wie einen nur eine Mutter trösten kann.
Zu den wohl tröstlichsten Aussagen des Paulus gehört die Rede vom „Angeld des Geistes“ (2Kor 1,22; 5,5; vgl. Röm 8,23; Eph 1,14), vom arrabōn,24 wie es im Griechischen heißt: Als Anzahlung auf den Himmel gibt uns Gott, wie Paulus betont, heute schon seinen Geist. Sein Geist ist Gottes „Vorab“. Ein Stück vom Himmel zahlt uns Gott heute schon aus. Wir Menschen müssen also nicht erst mühevoll den Himmel auf Erden errichten. Gott selbst schenkt uns mit seinem Geist den Vorgeschmack zukünftiger Herrlichkeit. Schon jetzt und dann erst recht dürfen wir erfahren, wie Himmel schmeckt.
Die christliche „Lehre von den letzten Dingen“, die sog. Eschatologie, folgt dieser Logik des „Schon jetzt und dann erst recht“.25 Schon jetzt – und dann erst recht, dürfen wir den Frieden des Reiches Gottes genießen, der höher ist als all unsere Vernunft und der uns mit dem Segen Gottes in jedem Gottesdienst neu zugesprochen wird. Schon jetzt – und dann erst recht, dürfen wir uns der Gerechtigkeit des Reiches Gottes erfreuen, wenn wir das Mahl des Herrn einnehmen, zu dem wir alle – ohne Unterschied – geladen sind.26
Schon jetzt – und dann erst, dürfen wir die Freude teilen, „die Freude an ihm [Gott], an unserer Welt und – warum eigentlich nicht? – Freude auch an uns selbst“27. Erst wenn wir Menschen Freude haben, ist auch Gottes Freude im Himmel vollkommen.28 Entscheidend – nochmals – ist der Geist Gottes. Wenn Paulus die gegenwärtige wie die zukünftige Wirklichkeit des Reiches Gottes darstellt, so betont er stets das Wirken des Geistes.29 „Regiert uns aber der Geist“ (Gal 5,18),30 so dürfen wir heute schon jene Gerechtigkeit, jenen Frieden und jene Freude erfahren, die Gott uns als Vorgeschmack seines Himmelreiches schenkt. Es verkörpert jetzt schon, schon jetzt und dann erst recht jene Fülle, die Gott – sich selbst und sein bisheriges Werk überbietend31 – dereinst zur Vollendung bringt; zu jener Vollendung, die Schiller so ansteckend ausgelassen anzustimmen versucht, wenn er dichtet:
Rettung von Tyrannenketten,
Großmut auch dem Bösewicht,
Hoffnung auf den Sterbebetten,
Gnade auf dem Hochgericht!
Auch die Toten sollen leben!
Brüder trinkt und stimmet ein,
Allen Sündern soll vergeben,
und die Hölle nicht mehr sein.
Liebe Gemeinde, das steht gewiss noch aus. Aber der Geist – der Geist Gottes – gewährt uns schon jetzt den Vorgeschmack all dessen. Mit seinem Geschmack auf den Lippen, dürfen wir eingehen in Gottes ewigen Freudensaal. Insofern, liebe Gemeinde, lasst uns einen Toast aussprechen: ein Hoch auf den Geist Gottes. Um noch einmal Schiller zu bemühen:
Freude sprudelt in Pokalen,
in der Traube goldnem Blut
trinken Sanftmut Kannibalen,
Die Verzweiflung Heldenmut –
Brüder fliegt von euren Sitzen,
wenn der volle Römer kreist,
Lasst den Schaum zum Himmel spritzen:
Dieses Glas dem guten Geist.
Amen
1 So Johannes Fried, Jesus oder Paulus: Der Ursprung des Christentums im Konflikt, München 2021.
2 Eberhard Jüngel, Paulus und Jesus. Eine Untersuchung zur Präzisierung der Frage nach dem Ursprung der Christologie, HUTh 2, 3. Aufl., Tübingen 1967, 135.
3 Vgl. dazu Jürgen Roloff (unter Mitarbeit von Markus Müller), Neues Testament, 7. Aufl., Neukirchen-Vluyn 1999, 134.
4 Jan M. Lochman, Unser Vater. Auslegung des Vaterunsers, Gütersloh 1988, 59. So auch Fernando Enns, Von der Wirklichkeit des Reiches Gottes. Der perspektivische Horizont einer ökumenisch-theologischen (Friedens-)Ethik, in: Ulrike Link-Wieczorek (Hg.), Reich Gottes und Weltgestaltung. Überlegungen für eine Theologie im 21. Jahrhundert, Neukirchen-Vluyn 2013, (35–54) 35.
5 Vgl. Röm 14,17; 1Kor 4,20; 6,9f.; 15,50; Gal 5,21; 1Thess 2,12. Fernerhin: Eph 5,5; Kol 4,11; 2Thess 1,5.
6 Emmanuel L. Rehfeld (Relationale Ontologie bei Paulus. Die ontische Wirksamkeit der Christusbezogenheit im Denken des Heidenapostels, WUNT II/326, Tübingen 2012, 337) macht darauf aufmerksam: „Da der Apostel aber immer im Rahmen der Erinnerung an seine missionarische Erstverkündigung darauf zu sprechen kommt, darf die Rede von der basileia tou theou nicht zum Randthema degradiert werden“. Ähnlich Klaus Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, ThHK.NT 6, 5. Aufl., Leipzig 2019, 342.
7 Rehfeld (ebd.) nennt das Reich Gottes den „entscheidende[n] eschatologische[n] Heilsraum“. Dort z.T. kursiv. Ähnlich Michael Wolter (Der Brief an die Römer. Teilband 2: Röm 9–16, EKK VI/2, Göttingen / Ostfildern 2019, 381), der von der „Heilsordnung der Gottesherrschaft“ spricht.
8 So u.a. auch Ulrich Luz, Art. basileia, EWNT Bd. 1, 2 Aufl., Stuttgart u.a. 1992, (481–491) 490.
9 Helmut Gollwitzer, Befreiung zur Solidarität. Einführung in die Evangelische Theologie, München 1978, 192.
10 Meisterhaft formuliert E. Jüngel, Paulus und Jesus, 267: „Röm 14,17 [gibt uns] das Recht zu der Behauptung, dass Paulus den Begriff der basileia durch den der dikaiosunē ersetzt hat. Das geschah freilich nicht im Sinne eines bloßen Austausches von Vokabeln, sondern das war dadurch bedingt, dass Paulus den für die Verkündigung Jesu zentralen Begriff der Gottesherrschaft als Ausdruck für das Eschaton interpretieren musste, weil Paulus eben auf dieses Eschaton bereits zurückblickt. Dieser Zwang zur Interpretation nötigte Paulus dazu, eine Theologie zu entwerfen, so dass er gleichzeitig zu verkündigen und zu interpretieren hatte. Hier zeigt sich der Grund für den sprachlichen Unterschied zwischen der Verkündigung Jesu und der paulinischen Rechtfertigungslehre. Während Jesus selbst der das Neue praktizierende Kommentar zu seiner Verkündigung war, musste Paulus Verkündigung und Interpretation des zu Verkündigenden in einer Sprachbewegung bewältigen. Es ist deshalb kein Zufall, dass Jesus ‚einfacher, schlichter‘ redete ‚als der oftmals kompliziert argumentierende Paulus‘. Der Glaube brauchte eine Theologie. Denn er gab zu denken. Dieser Denkverpflichtung hat sich Paulus gestellt.“
11 Zum Hintergrund vgl. K. Haacker, Der Brief des Paulus an die Römer, 330–333.
12 J.M. Lochmann, Vater unser, 59.
13 A.a.O., 60.
14 Eberhard Jüngel, Die Ewigkeit des ewigen Lebens, in: ders., Ganz werden. Theologische Erörterungen V, Tübingen 2003, (345–353) 350.
15 Treffend Miroslav Volf, Umsonst. Geben und Vergeben in einer gnadenlosen Kultur, übers. von Friedemann Lux, Gießen / Basel 2012, 245: „In der Bibel ist Friede nicht nur die Abwesenheit von Krieg (ob dieser nun ‚heiß‘ oder ‚kalt‘ ist). Friede ist nicht jene Gleichgültigkeit, die jeden zu seiner oder ihrer eigenen kleinen Insel führt, wo einem die anderen egal sind, sondern Friede ist das Blühen und Gedeihen der Gemeinschaft und jeder einzelnen Person, die zu ihr gehört. Und Friede mit Gott ist die Freude an unserer Gemeinschaft mit Gott.“
16 Jürgen Ebach, Gerechtigkeit und …, in: ders., Weil das, was ist, nicht alles ist, Theologische Reden 4, Frankfurt a.M. 1998, (146–164) 159.
17 Vgl. zum Freuden-Motiv Margit Ernst-Habib, Hoffnungsvoll und subversiv. Eine Theologie der Freude, Theologische Anstöße 13, Göttingen 2024.
18 Michael Wolter (Der Brief an die Römer, 387) hält es für wahrscheinlich, „dass Paulus mit der Kombination ‚Gerechtigkeit und Friede‘ ein traditionsgeschichtlich vorgegebenes Begriffspaar aufnimmt, das einen umfassenden Heilszustand beschreibt und das er durch ‚und Freude im heiligen Geist‘ ergänzt.“
19 Hans-Joachim Kraus, Systematische Theologie im Kontext biblischer Geschichte und Eschatologie, Neukirchen-Vluyn 1983, 24.
20 Okko Herlyn, Das Vater unser. Verstehen, was wir beten, Neukirchen-Vluyn 2017, 64.
21 Vgl. Martin Nicol, Gottesklang und Fingersatz. Beethovens Klaviersonaten als religiöses Erlebnis, Bonn 2015; ders., Sinnlichkeit und Gottverlangen. Mystische Erfahrung zwischen Kämmerlein und Konzertsaal (2010), in: ders., Zwischen Kaffeehaus und Kanzel. Praktische Theologie im Wechselspiel zwischen den Künsten, zum 70. Geburtstag von Martin Nicol hg. von Alexander Deeg, Leipzig 2023, (215–229) 222–226.
22 Thomas Bernhard – Eine Begegnung. Gespräch mit Krista Fleischmann, Wien 1991, 182.
23 Dazu mit Belegen Jürgen Moltmann, Der Geist des Lebens. Eine ganzheitliche Pneumatologie, München 1991, 173.
24 Vgl. Friedrich Wilhelm Horn, Das Angeld des Geistes. Studien zur paulinischen Pneumatologie, FRLANT 154, Göttingen 1992.
25 Eberhard Jüngel, Die Leidenschaft, Gott zu denken. Ein Gespräch über Denk- und Lebenserfahrungen, hg. von Fulvio Ferrario, Zürich 2009, 80. Vgl. ders., Der Geist der Hoffnung und des Trostes. Thesen zur Begründung des eschatologischen Lehrstücks vom Reich der Freiheit, in: ders., Ganz werden. Theologische Erörterungen V, Tübingen 2003, (306–322) 306: „Die theologisch übliche Kennzeichnung der Struktur eschatologischer Aussagen durch die Dialektik von Schon Jetzt und Noch Nicht des Heils hat nur dann ihr Recht, wenn das spannungsvolle Verhältnis von Schon Jetzt und Noch Nicht nicht von der Defizienzerfahrung gegenwärtigen Mangels her, sondern von der Verheißung zukünftiger Vollendung her begriffen wird.“
26 Vgl. Geoffrey Wainwright, Doxology. The Praise of God in Worship, Doctrine, and Life. A Systematic Theology, New York 1980, 427.
27 Eberhard Jüngel, Gericht und Gnade, in: Eberhard Jüngel / Walter Mostert, Schon jetzt – und dann erst recht! Beiträge zur Eschatologie. Vorlesungen – Vorträge – Predigten, hg. von Christian Möller / Christian Schad, Leipzig 2024, (141–162) 146.
28 Vgl. ebd.
29 So nachdrücklich Ferdinand Hahn, Theologie des Neuen Testaments. Bd. II: Die Einheit des Neuen Testaments. Thematische Darstellung, 3. Aufl., Tübingen 2011, 183.
30 Vgl. das Kapitel „‚Regiert euch aber der Geist…‘ Geschöpfliche Existenz des Politischen“ in: Hans G. Ulrich, Wie Geschöpfe leben. Konturen evangelischer Ethik, 3. Aufl., Münster 2023, 415–450.
31 E. Jüngel, Der Geist der Hoffnung und des Trostes, 309: „Die Struktur aller eschatologischen Aussagen der Dogmatik hat die eschatologische Selbstüberbietung des schon jetzt als arrabōn gegenwärtigen und am Sein Jesu Christi Anteil gebenden Geistes der Hoffnung und des Trostes zu reflektieren.“
Marco Hofheinz


