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Licht und Glitzer im Dunkel
Predigt zu Jesaja 9,1–6
Liebe Gemeinde,
Das Volk, das in der Finsternis lebt, hat ein großes Licht gesehen. Es scheint hell über denen, die im düsteren Land wohnen. /
Gott, du lässt sie laut jubeln, du schenkst ihnen große Freude. Sie freuen sich vor dir, wie man sich bei der Ernte freut. Sie jubeln wie beim Verteilen der Beute. / Zerbrochen hast du das drückende Joch, die Stange auf ihrer Schulter und den Schlagstock der Peiniger.
Es ist wie damals, als die Midianiter besiegt wurden. / Verbrannt wird jeder Stiefel, mit dem die Soldaten dröhnend marschierten. Ins Feuer geworfen wird jeder Mantel, der im Krieg mit Blut getränkt wurde. /
Denn uns wurde ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt worden. Ihm wurde die Herrschaft übertragen. Er trägt die Namen:
wunderbarer Ratgeber,
starker Gott,
ewiger Vater,
Friedefürst. /
Seine Herrschaft ist groß und bringt Frieden ohne Ende. Er regiert als König auf dem Thron Davids und schafft Recht und Gerechtigkeit. So festigt und stärkt er sein Königreich jetzt und für immer. /
Der Herr Zebaot bewirkt das in seiner leidenschaftlichen Liebe. [BasisBibel]
[Hoffnungsbilder]
Dieser prophetische Text malt seit fast 2.800 Jahren wunderbare Hoffnungsbilder in das Leben derer, die in der Finsternis leben und in einem düsteren Land. 2.800 Jahre, das sind gut einhundert Generationen. Unvorstellbar!
Jesajas Text ist ein Text für finstere, düstere Zeiten. Die Finsternis im düsteren Land hat Jesaja recht konkret beklagt: Bedrückt und hungrig durchziehen die Bewohner das Land. Vor lauter Wut über den Hunger verfluchen sie ihren König und ihren Gott. Ob sie sich nach oben wenden oder zur Erde schauen: Da ist nichts als Not. Finsternis und bedrückende Dunkelheit. Man ist ins Dunkel verstoßen. Jede Generation hat sich mit ihren Erfahrungen solcher Zeiten darin gespiegelt gesehen.
Ins Dunkel verstoßen. Das ist die Wirklichkeit, von der Jesaja erzählt. Und dann kommt ein kleiner Lichtblick: Doch es bleibt nicht finster, wo jetzt bedrückende Dunkelheit herrscht. Das Licht, das die Finsternis aufhebt, wird von der Zukunft in die Gegenwart geholt: Das Volk, das in der Finsternis lebt, hat ein großes Licht gesehen. Es scheint hell über denen, die im düsteren Land wohnen. Es scheint hell. Hier und jetzt scheint es hell. Erleuchtete Gegenwart in düsteren Zeiten.
Wir sehen hier das Licht des Christbaums. Es überstrahlt all das Düstere, Finstere. Da ist keiner, der sagt: wird schon, wird schon irgendwie werden. Sondern da ist Jesaja, der sagt: Es scheint hell über denen, die im düsteren Land wohnen. Jetzt scheint es hell. So wie hier der Christbaum.
[Lichterfeste]
Morgen beginnt bei unseren jüdischen Geschwistern das Chanukka-Fest. Man zündet Tag für Tag eine neue Kerze auf dem Leuchter an, bis am Ende acht Kerzen brennen.
Chanukka erinnert an die Wiedereinweihung des zweiten jüdischen Tempels in Jerusalem 164 Jahre vor Jesu Geburt. Die Makkabäer beendeten damals die Herrschaft der Seleukiden über Judäa, sie beseitigten den im Tempel aufgestellten Zeus-Altar und führten den traditionellen jüdischen Tempeldienst wieder ein. Die Menora, der siebenarmige Leuchter im Tempel sollte eigentlich niemals erlöschen. Aber nach den Gefechten mit den Seleukiden war nur noch ein einziger Krug geweihtes Öl aufzutreiben – für einen Tag. Wie durch ein Wunder soll dieses Öl acht Tage gebrannt haben. Daran erinnert der achtarmige Leuchter. Jeden Tag wird ein Licht mehr angezündet, bis am Ende alle acht brennen.
Das Licht ist ein Erinnerungs- und ein Hoffnungszeichen in dunkler Zeit. Es symbolisiert die Wende hin zu einer Erneuerung. Deshalb ist das Licht mehr als der Stern über Bethlehem oder eine wundersame Brenndauer.
Denn das jeweilige Wunder hat mit Gott zu tun. Er ist es, der sich im kleinen Jesus in der Krippe zeigt. Und er ist es, der für das Weiterbrennen der Menora sorgt. Ein historischer Moment, ein Zeichen in unserer Welt, dass Gott nicht fern im Himmel residiert, sondern sich zeigt.
Gottes Wirken in der Welt zeigt sich auch im Kind in der Krippe. Es ist ein Neuanfang, den wir uns an jedem Weihnachtsfest wieder vergegenwärtigen. Wir zünden Lichter an und feiern das Fest von Jesu Geburt:
Gott sei Dank, es gibt dich, Gott.
Gott sei Dank, du hast uns gerettet aus Fremdherrschaft und Not.
Gott sei Dank, du wirst uns wieder retten.
[Hoffnung auf Frieden und ein neuer König auf dem Thron Davids – jetzt und in Ewigkeit]
Was genau rettet uns? Jesaja sagt: Es ist wie damals, als die Midianiter besiegt wurden. / Verbrannt wird jeder Stiefel, mit dem die Soldaten dröhnend marschierten. Ins Feuer geworfen wird jeder Mantel, der im Krieg mit Blut getränkt wurde.
Die Rettung ist sehr stark mit der Hoffnung auf Frieden verbunden. Nicht nur ein endzeitlicher Frieden in Gottes Ewigkeit, dereinst, dereinst… Nein, Frieden hier und jetzt ohne Stiefelgedröhn, ohne Marschmusik, ohne Krieg, ohne Blutvergießen. Man mag es kaum glauben. Und ich brauche das auch gar nicht auszuführen, wie sehr wir einen solchen Frieden ersehnen. Denn wir kennen die Nachrichten unserer Tage…
Dieser Frieden auf der Welt ist das eine.
Das andere ist die Verheißung eines Königs, der geboren werden wird, nein: bereits geboren ist. Denn uns wurde ein Kind geboren, ein Sohn ist uns geschenkt worden. Ihm wurde die Herrschaft übertragen.
Seine Herrschaft ist groß und bringt Frieden ohne Ende. Er regiert als König auf dem Thron Davids und schafft Recht und Gerechtigkeit. So festigt und stärkt er sein Königreich jetzt und für immer.
Für immer. Frieden ohne Ende. Da klingt nun doch Gottes Zeit an.
Damals wie heute: Hier ist beides im Blick: der Horizont von einem Frieden, bei dem die Stiefel und Uniformen verbrannt werden und kein Soldat mehr marschiert. Und zugleich ein Frieden, den nur Gott bewirken kann, in einem Königreich mit einem Friedefürst auf dem Thron und einem Frieden ohne Ende.
[Vier Thronnamen – wer sitzt da auf dem Thron?]
Dieser Friedefürst hat von Jesaja noch drei weitere Thron-Namen bekommen: wunderbarer Ratgeber, starker Gott, ewiger Vater.
Ich wüsste keinen Herrscher, keinen Bundeskanzler, keinen Präsidenten, keine Präsidentin unserer Tage, die ich mit diesen Namen belegen würde. Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst, so hat Luther diese vier Thronnamen übersetzt. Rätselnamen sind das, nicht von dieser Welt.
Ist das neugeborene Jesuskind, an das wir uns zu Weihnachten erinnern, dieser ersehnte König? Oder ist es nur König Hiskia, der, anders als sein Vater Ahab, ein gottesfürchtiger Mann war? Da gehen die Meinungen auseinander. Messias oder Christus wird der König bei Jesaja jedenfalls nicht genannt. Auch wir Christen sehen ja sehr wohl: Auf dem Thron Davids sitzt derzeit niemand. Frieden ohne Ende hat auch Jesus Christus nicht gebracht. Recht und Gerechtigkeit herrschen keineswegs.
Die vier Thronnamen weisen den Weg zu einem göttlichen König: wunderbarer Ratgeber, starker Gott, ewiger Vater, Friedefürst.
Es geht nicht um die Geburt eines diesseitigen Königs. Die Hoffnung geht auf’s Ganze, auf Gott selbst. Die Hoffnung bezieht sich nicht nur auf die Gegenwart, sondern auch auf die Zukunft im Reich Gottes. Die Hoffnung ist groß, sie könnte größer nicht sein. Sie trägt uns. Und sie entlastet uns. Denn die Aufgabe ist groß, sie ist übermenschlich groß. Sie ist eine Sache für Gott selbst.
[Licht – göttliches und menschliches]
Gott selbst ist also das Licht in der Finsternis, das wir sehen. Das Licht des Christbaums steht für eine Hoffnung, die mit Jesu Geburt in die Welt gekommen ist. Das Kind in der Krippe war und ist ein Zeichen, dass die Welt nicht bleibt, wie sie ist. Dass es mehr gibt als unser kleines Leben. Das Licht, das im Finstern leuchtet, ist ein Hoffnungszeichen, dass es einen Gott gibt, der uns nicht vergisst.
Und diese Hoffnung heißt ja nicht bloß: „Ach, die Aufgabe ist zu groß, Gott wird’s schon richten“. Sondern das Licht von Weihnachten ist auch das Licht der Welt, von dem Jesus im Matthäusevangelium spricht: Ihr seid das Licht der Welt (Mt 5,16). Dieses Licht soll nicht unter einen Scheffel gestellt werden, so dass es schön dunkel und finster bleibt. Es soll leuchten durch das, was Christinnen und Christen so machen. Der Jesus der Bergpredigt hat kein Problem mit guten Werken. Er ermuntert uns: Lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.
Das Licht ist ein Zeichen, dass die Welt nicht bleibt, wie sie ist. Und aus dieser Hoffnung heraus hält das Weihnachtslicht uns nicht im Sessel der Gemütlichkeit fest, sondern die große Hoffnung kann unser Handeln im Kleinen, all unsere kleinen Schritte im Raum unserer Möglichkeiten beflügeln und hier und da etwas Glanz ins Leben anderer bringen.
Bertolt Brecht hat in der Dreigroschenoper gedichtet:
„Denn die einen sind im Dunkeln
Und die anderen sind im Licht.
Und man siehet die im Lichte
Die im Dunkeln sieht man nicht.“
Ja, so sieht’s aus, wenn man nicht mit Gott rechnet. Jesaja aber rechnet mit Gott, der das Licht in der Dunkelheit ist. Und Jesus rechnet sowieso mit Gott, nicht nur weil er Gottes Sohn ist, sondern weil er weiß, dass Menschen, die Gottes Kinder sind, selbst zu einem Licht im Dunkel werden können. Für die, die im Dunkeln wohnen, kann es sehr wohl heller werden.
Die zerbrechlichen Kugeln am Christbaum spiegeln in ihrem Glanz etwas wider von solchem Licht der Fürsorge für unsere Mitmenschen. Sie leuchten nicht von selbst, sondern glänzen im Licht der Kerzen. Sie sind rund und vollkommen. So wie die Hoffnung zerbrechlich und zugleich größer nicht sein kann. Wir setzen unsere Hoffnung auf Gottes Gegenwart in dieser Welt und auf immerwährenden Frieden und Gerechtigkeit in Gottes Ewigkeit. Und mit dieser Hoffnung macht auch all unser begrenztes Handeln einen Sinn.
Amen.
Bärbel Husmann