Zum Glauben gehört auch Wissen

Für reformierte Christen gibt es keine Instanz, die festlegt, was zu glauben ist. Was gelehrt und gepredigt wird, soll im Einklang mit der Bibel stehen. Darauf zu achten ist die Aufgabe jedes Gemeindemitglieds. Ein hoher Anspruch!

"Wahrer Glaube ist nicht allein eine zuverlässige Erkenntnis durch welche ich alles für wahr halte, was uns Gott in seinem Wort offenbart hat, ..." Der Heidelberger Katechismus (Frage 21) betont die Wichtigkeit des Wissens für den Glauben. Jedes Gemeindemitglied sollte so viel wie möglich wissen, damit es seinen Glauben begründen und weitergeben kann. In der aktuellen Situation wird das aus verschiedenen Gründen wieder wichtig: Der christliche Glaube steht zunehmend in einem Wettbewerb mit anderen Religionen und Glaubensrichtungen. Und auch innerhalb des Christentums spielen Glaubensinhalte angeblich eine immer weniger wichtige Rolle. (gr)

Aktuelle Termine


Glauben und glauben lassen - Eine Ausstellung über Freiheiten und Grenzen
27.09.2023-15.07.2024, Hamburg-Altona

Eine Sonderausstellung spannt einen Bogen vom 17. Jahrhundert bis in die Gegenwart und zeigt, dass die Geschichte der Glaubensfreiheit eine Geschichte über Freiheiten und Grenzen ist. Auch unsere reformierte Gemeinde konnte bekanntlich ab 1602 in Altona siedeln und eine Kirche an der Großen Freiheit errichten. Die Ausstellung erzählt Altonas Glaubens- und Freiheitsgeschichte und führt die religiöse Vielfalt damals wie heute vor Augen. Einen lebendigen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart soll die Ausstellung ermöglichen, denn auch heute muss um Freiheiten gerungen werden. Weltweit ist die Freiheit zu glauben - oder nicht zu glauben - ein Vorrecht weniger.

Schon im Oktober 2020 stand die Ausstellung auf der Agenda. Dann kam die Pandemie und hat die Ausstellung ausgebremst. Jetzt endlich ist sie erneut zugänglich. Damals hat Kuratorin Dr. Hirsch über ein halbes Jahr den Kontakt zu unserer Gemeinde gepflegt. Im gemeinsamen Gespräch haben wir die reformierte Gemeindegeschichte erforscht und Exponate für die Ausstellung ausgewählt. So stellten wir dem Altonaer Museum alte Abendmahlskelche, eine alte französische Bibel und ein französisches Gesangbuch als Leihgaben zur Verfügung. Diese Exponate werden gleich im Eingangsteil der Ausstellung zu sehen sein... neben jüdischen, katholischen und mennonitischen Leihgaben. Außerdem sind Videoclips von Gemeindegliedern zum Thema „Glaubensfreiheit“ zu sehen. Und die Familiengeschichte der Familie Boué ist – exemplarisch für eine hugenottische Flüchtlingsfamilie – dokumentiert.

Eine unserer Leihgaben ist die silberne Abendmahlskanne, die von Johann Peter Menadier gespendet wurde (siehe Abbildung). Er ist der Erfinder der Altonaischen Kronessenz. In unserer Dauerausstellung – so schreibt Dr. Hirsch - findet sich folgender Text über ihn:

Nach der Vertreibung der französischen Protestanten, der Hugenotten, aus Frankreich bildete sich ab 1685 auch in Altona eine franzö- sisch-reformierte Gemeinde. Der Hugenotte Johann Peter Menadier (1735–1797) emigrierte nach Altona und verkaufte eine von ihm seit 1773 hergestellte Gesundheitsessenz, die „Essentia Coronata“. Ab 1796 ist das Mittel als „Keisserliche privilegirt Altonatiche W. Krones- sents“ nachweisbar. In kleinen Glasflaschen wurde die Kräutertinktur als „Wundermedizin“ gegen eine Vielzahl von Erkrankungen verkauft und weltweit verbreitet. Nach Menadiers Tod führte seine Witwe Anna Cecilia geb. Sparka die Geschäfte weiter. Die Firma „J. P. Menadier Wwe & Sohn“ wurde 1951 von der Firma Asche & Co. AG übernommen, die seit 1972 zur Schering AG gehört.



Die Wahrheit hat ein fröhliches Gesicht - Ulrich Zwingli

Muss ich Luther mögen – im Lutherjahr?

Motiv aus dem Kartenset Kartenset «Luther und Zwingli im Religionsgespräch» - zhref.ch

Eine Kurze Notiz zu Luthers Sicht auf Zwingli. Von Rolf Wischnath

Muss ich Luther mögen – im Lutherjahr? Sein theologischer Lehrer und Seelsorger Johannes von Staupitz sagt zu ihm: „Du schreist die ganze Welt an.“ Ist es nicht so, dass Luther besonders in der zweiten Hälfte seines Wirkens immer barscher wird? Nicht wenige seiner Zeitgenossen verdammt er. Darunter den Schweizer Reformator Ulrich Zwingli: „Es ist nur der Übermut und die Bosheit des leidigen Teufels, der unser durch einen solchen Schwärmer in dieser großen Sache spottet!» Und doch kann der deutsche Reformator nicht umhin, über den Schweizer einmal zu sagen: „Zwingel ist ein fröhlicher, aufrichtiger, höflicher Kollationsmann [Unterhalter].“

Die Zürcher Mitbürger Zwinglis erinnern sich, dass der „Leutpriester“ vom Großmünster zumeist fröhlich ist, nicht schwermütig. Zwingli allerdings räumt ein, dass auch er wütend werden kann. Seine Mitwelt wiederum bezeugt, dass er danach Streit schlichtet und immer wieder Verträglichkeit und Versöhnungsbereitschaft bewährt. Zwingli kann sich entschuldigen.

Dass die Wahrheit allezeit ein fröhliches Gesicht hat, ist gewiss nicht so. Etwa in diesem Konflikt:

Luther sagt in einer Adventspredigt (1545): „Wenn man rein bleiben will im Glauben, so geht dies nicht ohne Kampf und Streit. So muss denn der Christ auch Krieger und Ritter sein.“ Dagegen Zwingli: „Ein Christ soll mit Waffen gar nichts zu tun haben, soweit es Bestand und Ruhe des Staates erlauben.“

Alles zu seiner Zeit. Aber das fröhliche Gesicht sollte immer wieder Beweggrund unseres Glaubens sein. Zwingli hat es bezeugt.

Prof. Dr. Rolf Wischnath war Generalsuperintendent in Cottbus. Er lehrt Theologie in Bielefeld und Paderborn.

Foto:
Kartenset «Luther und Zwingli im Religionsgespräch»
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Kartenset «Luther und Zwingli im Religionsgespräch»
Kartenset «Luther und Zwingli im Religionsgespräch»
 

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